Kardioversion: Neue Daten bekräftigen Notwendigkeit der Antikoagulation
Nach Kardioversion von Vorhofflimmern empfehlen internationale Leitlinien eine effektive Antikoagulation zum Schutz vor Thromboembolien. Ergebnisse einer neuen Analyse von landesweit erhobenen Patientendaten aus Dänemark stützen diese Empfehlung.
Nicht nur Vorhofflimmern selbst, sondern auch seine Terminierung etwa mittels elektrischer Kardioversion geht mit einem erhöhten Thromboembolierisiko einher. Der Grund liegt vor allem darin, dass es nach erfolgreicher Kardioversion trotz wiederhergestellten Sinusrhythmus unmittelbar zu einer Verschlechterung der kontraktilen Funktion des Vorhofmyokards kommt („atrial stunning“). Es braucht einige Wochen der Erholung, bis dass die normale kontraktile Funktion zurückkehrt. In dieser kritischen Phase bedarf es der Antikoagulation, um einer drohenden kardialen Thrombusbildung zu begegnen.
Die Leitlinien empfehlen bei länger bestehendem Vorhofflimmern (> 48 Stunden) oder bei unbekannter Arrhythmiedauer eine orale Antikoagulation, die mindesten drei Wochen vor einer Kardioversion begonnen und danach mindestens vier Wochen lang fortgesetzt werden sollte. Bei entsprechendem Risikoprofil ist eine lebenslange Antikoagulation erforderlich. Lassen sich Vorhofthromben mittels transösophagealer Echokardiografie (TEE) ausschließen, kann die Kardioversion ohne Vorbehandlung sofort nach Beginn der antithrombotischen Therapie in Angriff genommen werden.
Daten von mehr als 16.000 Patienten
Eine dänische Forschergruppe um Dr. Morten L. Hansen aus Gentofte hat sich auf der Basis von landesweit erhobenen Registerdaten das Thromboembolierisiko nach Kardioversion bei Patienten mit und ohne Antikoagulation einmal genauer angeschaut. Analysiert wurden die Daten von 16.274 Patienten mit Vorhofflimmern, die zwischen Januar 2000 und Dezember 2008 nach einer Elektrokardioversion aus Kliniken in Dänemark entlassen worden waren. Die Gesamtdauer der Nachbeobachtung nach Entlassung betrug 360 Tage.
Wie die Analyse ergab, hatten Patienten ohne Antikoagulation (31,2 Prozent) vor allem innerhalb der ersten 30 Tage nach Klinikentlassung ein deutlich höheres Thromboembolierisiko als Patienten mit Antikoagulation (68,8 Prozent). In dieser Phase betrug die Inzidenz ischämischer zerebrovaskulärer Ereignisse (Schlaganfall, TIA) und systemischer arterieller Embolien 10,33 pro 100 Patientenjahre (ohne Antikoagulation) und 4,00 pro 100 Patientenjahre (mit Antikoagulation). Das Thromboembolierisiko war damit ohne Schutz durch Antikoagulation mehr als doppelt so hoch (Hazard Ratio: 2,25).
Thromboembolierisiko mehr als doppelt so hoch
Diese Risikoerhöhung war im Übrigen unabhängig vom geschätzten individuellen Ausgangsrisiko für Thromboembolien (CHA2DS2-VASc-Score): Sowohl bei sehr niedrigem Risiko (CHA2DS2-VASc-Score 0–1) als auch bei höherem Risiko (CHA2DS2-VASc-Score 2 oder höher) war die Inzidenz thromboembolischer Ereignisse bei Verzicht auf Antikoagulation jeweils mehr als doppelt so hoch (HR: 2,12 und 2,40).
Im Gesamtzeitraum (360 Tage) wurden in der Gruppe mit Kardioversion ohne Antikoagulation 216 thromboembolische Ereignisse (3,18 pro 100 Patientenjahre) und in der Gruppe mit Antikoagulation 144 Ereignisse (1,84 pro 100 Patientenjahre) registriert. Dieser Unterschied entspricht einer relativen Risikoerhöhung um mehr als 50 Prozent (HR: 1,55).
Nach Ansicht der dänischen Studienautoren bestätigen diese Ergebnisse, dass eine Kardioversion von Vorhofflimmern, bei der periprozedural und danach keine orale Antikoagulation erfolgt, mit einem hohen Risiko für thromboembolische Ereignisse assoziiert ist. Insofern stützen sie die Leitlinien, die für diesen Fall eine Prophylaxe mit Antikoagulanzien empfehlen.
Literatur
Hansen ML et al. Thromboembolic risk in 16 274 atrial fibrillation patients undergoing direct current cardioversion with and without oral anticoagulant therapy. Europace. 2015;17(1):18-23