Online-Artikel 28.04.2014

Langfristiges Infektionsrisiko bei kardialen Implantaten

Noch Jahre nach der Implantation von Kardioverter-Defibrillatoren und kardialen Resynchronisationssystemen können gerätebezogene Infektionen auftreten. Welche Patienten sind besonders gefährdet?

Wir analysierten retrospektiv eine Datenbank aller zwischen Januar 1988 und Dezember 2010 am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, durchgeführten Herzschrittmacher- und ICD-Implantationen, Aggregatwechsel und Revisionsoperationen. Das Register umfasste 4254 Patienten, hiervon 3122 Herzschrittmacher-, 1132 ICD-, 119 CRT-P- und 337 CRT-D-Träger. Alle Implantationen wurden nach einem weitgehend unveränderten klinischen Standard vorgenommen, der unter anderem eine staphylokokkenwirksame perioperative Antibiotikaprophylaxe beinhaltete. Bei Patienten mit febrilen Temperaturen oder Verdacht auf einen floriden bakteriellen Infekt wurde keine Implantation durchgeführt.

Für die Klassifikation einer Schrittmacher- oder Defibrillator-Infektion und ihre Definition als solche wurden die Kriterien nach Choo et al. angewendet.

Gerätebezogene Infektion bei über zwei Prozent der Patienten

Bei einem mittleren Nachverfolgszeitraum von 4,8±3,0 Jahren erlitten 114 Patienten (2,68%) eine gerätebezogene Infektion. Bei 64 Prozent dieser Patienten wurde eine Infektion der Schrittmacher- oder Defibrillatortasche klinisch oder mikrobiologisch nachgewiesen.

Eine Sondeninfektion ohne Nachweis einer Tascheninfektion trat häufiger (39 von 46 Fällen) später als ein Jahr nach der Implanta-tion auf, während Tascheninfektionen überwiegend innerhalb des ersten Jahres auftraten.

Bei allen Frühinfektionen im ersten Monat nach der Implantation war auch eine Infektion der Tasche nachweisbar.

Verschiedene Faktoren beeinflussen das Infektionsrisiko

In der univariaten Analyse waren die folgenden Faktoren statistisch signifikant mit einer gerätebezogenen Infektion assoziiert:

  • Niereninsuffizienz in den Stadien III – IV (3,4%; p<0,0005),
  • akute (10,6%; p<0,0005) oder chronische Dialysepflichtigkeit (6,9 vs. 2,5% bei normaler Nierenfunktion; p=0,0006),
  • Diabetes mellitus (4,4 vs. 2,2%; p<0,0005),
  • Immunsuppression (6,3 vs. 2,4% ),
  • geringe Erfahrung des Operateurs (3,7% bei ≤100 eigenständigen Operationen vs. 2,4% bei >100 Implantationen; p=0,045),
  • längere Operationsdauer (durchschnittliche Operationsdauer 53,1 Minuten bei Patienten mit Infektion vs. 51,2 Minuten ohne Infektion; p=0,016),
  • vorangegangene Device-Infektion (6,1 vs. 2,5% bei Patienten ohne Anamnese einer Device-Infektion; p=0,014),
  • temporärer transvenöser Schrittmacher (5,2 vs. 2,1%; p<0,0005).

Außerdem war die Infektionsrate bei De-novo-Implantationen geringer als bei Aggregatwechsel- und Revisionsoperationen (2,4 vs. 3,9 und 4,8%; p<0,005). Eine nahezu verdoppelte Infektionsrate wurde in der ICD- gegenüber der Schrittmachergruppe (4,2 vs. 2,2%; p<0,0005) dokumentiert. Auch eine vorangegangene Herzoperation führte zu einer signifikant höheren Frühinfektionsrate (2,0 vs. 1,0%; p=0,045).

In der multivariaten Cox-Regressions-Analyse waren eine Niereninsuffizienz im Stadium ≥ III, ein Diabetes mellitus, eine pharmakologische Immunsuppression, der Aggregatwechsel, eine stattgehabte Elektrodenrevision, die Implantation eines ICD, ein perioperativer temporärer transvenöser Schrittmacher und das weibliche Geschlecht als statistisch signifikante Prädiktoren für eine Infektion.

Limitationen

Die Studienbasis ist ein großes, aber monozentrisches Register eines tertiären Versorgungszentrums. Darüber hinaus kann der Einfluss von Klinikstandards nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund gibt unsere Studie keine Antworten zum Einfluss der perioperativen Antibiotikaprophylaxe oder der Implantation bei fieberhaften Infekten auf die Infektionsrate.

Temporäre transvenöse Schrittmacher besser meiden

Bei den Spätinfektionen ist auffällig, dass sich nur bei einem kleinen Teil der Fälle eine Tascheninfektion nachweisen ließ, während eine Infektion der Elektroden häufig war.

Ein Diabetes, eine fortgeschrittene Niereninsuffizienz und eine pharmakologische Immunsuppression sind bedeutsame Risikofaktoren für eine gerätebezogene Infek-tion. Als prozeduraler Risikofaktor sollten Aggregatwechsel durch Verwendung möglichst langlebiger Systeme reduziert werden. Außerdem ist die Infektionsrate durch kurze Implantationszeiten und Vermeidung von Elektrodenrevisionen günstig beeinflussbar.

Der bedeutsamste Risikofaktor war der perioperative Einsatz transvenöser passagerer Schrittmacherelektroden, die daher wenn irgendwie möglich vermieden oder bei zwingend notwendigem Einsatz eine zeitnahe definitive Implantation triggern sollten.

Anastasia Falagkari präsentierte diese Ergebnisse am Mittwoch, den 23. April 2014, um 15.30 Uhr in Saal 15.

Literatur

80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie vom 23.-26. April 2014 in Mannheim