Lipidsenkung: US-Endokrinologen mögen‘s lieber europäisch
In den USA sind die Lager in punkto Lipidtherapie gespalten: US-Endokrinologen halten in ihren aktualisierten Diabetes-Leitlinien weiterhin hartnäckig an Zielwerten für die Cholesterinsenkung fest, dagegen haben die kardiologischen US-Fachgesellschaften ACC und AHA dieses Konzept in ihren Leitlinien schon 2013 definitiv ad acta gelegt.
Die American Association of Clinical Endocrinologists (AACE) hat im jetzt eine aktualisierte Fassung ihrer umfangreichen und zuletzt 2011 modifizierten Leitlinien zum Management bei Typ-2- Diabetes publiziert.
Bezüglich der empfohlenen Vorgehensweise in der lipidsenkenden Therapie bleibt die AAEC der auch von den europäischen Fachgesellschaften favorisierten Linie treu. Danach sollte das LDL-Cholesterin bei Patienten mit Diabetes, die keine atherosklerotisch bedingte Gefäßerkrankung oder einschlägige kardiovaskuläre Risikofaktoren aufweisen, auf Werte unter 100 mg/dl gesenkt werden. Ist aufgrund einer schon bestehenden Gefäßerkrankung oder vorliegender Risikofaktoren wie Hypertonie von einem höheren Risiko auszugehen, empfehlen die neuen AAEC-Leitlinien auch weiterhin eine stärkere Reduktion auf Werte unter 70 mg/dl.
Kurswechsel nicht mitgemacht
Damit begeben sich die US-Endokrinologen in Konfrontation zu den beiden Fachgesellschaften der US-Kardiologen. Die American Heart Association (AHA) und das American College of Cardiology (ACC) hatten im November 2013 gemeinsame Cholesterin-Guidelines herausgegeben, in denen mit dem bis dato empfohlenen Konzept der Lipidzielwerte radikal gebrochen wurde. Schon damals hatte die AAEC öffentlich bekundet, dass sie diesen Kurswechsel in der cholesterinsenkenden Therapie nicht unterstützen werde.
Als Grund für die Abkehr von der „Treat-to-Target“-Strategie hatten AHA und ACC geltend gemacht, dass man sich strenger als zuvor an die Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien als maßgebliche „Evidenzbasis“ gehalten habe. Und auf dieser Basis sei die Strategie risikoangepasster optimaler LDL-Zielwert nicht zu begründen gewesen und somit obsolet.
Die strenge Fixierung auf Daten aus randomisierten kontrollierten Studien als einzig zulässige Quelle der Erkenntnisgewinnung fand aber nicht zuletzt bei europäischen Experten wenig Anklang. Viele glauben, dass damit andere therapierelevante wissenschaftliche Informationen einfach ausgeblendet werden.
Auch Europa hält an Zielwerten fest
Wie etwa die European Atherosclerosis Society (EAS) in eine Stellungnahme betont, gebe es auch jenseits randomisierter Studien noch ein „Potenzial“ an Wissen, das für die kardiovaskuläre Prävention ausschöpfbar sei, wenn eine breitere wissenschaftliche Basis berücksichtigt werde.
Dieser Argumentation schloss sich auch die DGK in ihrer Stellungnahme an. Danach ist es „nicht abwegig, die epidemiologisch gut belegte Assoziation zwischen LDL-Spiegeln und Krankheitshäufigkeit und die Erfahrungen aus den bisherigen Studien zwischen Intensität der LDL-Senkung und Verminderung der Ereignisrate in die therapeutischen Konzepte mit einzubeziehen, wie dies in den ESC-Leitlinien getan wird“.
Literatur
Handelsman Y et al. American association of clinical endocrinologists and american college of endocrinology - clinical practice guidelines for developing a diabetes mellitus comprehensive care plan - 2015. Endocr Pract. 2015;21(0):1-87. doi: 10.4158/EP15672.GL