Online-Artikel 04.04.2016

Mortalität senken durch temporäre Unterstützungssysteme

Temporäre mechanische Unterstützungssysteme könnten die Versorgung von Patienten im kardiogenen Schock verbessern. Doch bisher fehlen randomisierte Studien, die die Effektivität solcher Devices belegen und die einzelnen Verfahren miteinander vergleichen.

Die Sterblichkeit von Patienten mit kardiogenem Schock ist trotz Pharmakotherapie und Revaskularisation immer noch sehr hoch, berichtete Prof. Ingo Eitel vom Universitätsklinikum Lübeck auf einer DGK-Pressekonferenz in Mannheim. Seiner Ansicht nach könnten temporäre Systeme zur Unterstützung der Herzfunktion „ein Schüssel dafür sein, um die Mortalität weiter zu senken“.

Denn mit diesen Devices lässt sich Zeit gewinnen, bis eine Therapieentscheidung getroffen wird („bridge to decision, bridge to therapy“) oder die Pumpfunktion des Herzens sich wieder erholt hat („bridge to recovery“). Doch die noch vor wenigen Jahren dafür häufig eingesetzte intraaortale Ballonpumpe (IABP) hat sich in der multizentrischen IABP-SCHOCK II-Studie als weitgehend wirkungslos erwiesen; nach zwölf Monaten war die Sterblichkeit der Schockpatienten – egal ob mit oder ohne Pumpe – nahezu identisch.

Neuere perkutane Pumpensysteme

Hoffnungen setzt man deshalb auf neuere interventionelle Pumpsysteme. Ein Beispiel hierfür ist die perkutane Pumpe Impella® von Abiomed, die in den linken Ventrikel implantiert wird, dort einen antegraden Blutfluss in die Aorta erzeugt und dadurch das Herz entlastet.

Als weiteres endovaskuläres System ist das TandemHeart® von CardiacAssist verfügbar. Dabei handelt es sich um eine extrakorporale Zentrifugalpumpe, die über eine transseptalen Katheter Blut aus dem linken Vorhof abgesaugt und über die Femoralarterie wieder in die Aorta zurückpumpt. Die Implantation solcher kreislaufunterstützenden Pumpen sei für Interventionalisten mit einer gewissen Erfahrung relativ einfach, so Eitel.

Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, via extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) den kompletten Kreislauf kurzzeitig zu ersetzen; hierbei wird über eine Kanüle venös Blut entnommen, per Membranoxygenator decarboxyliert und oxygeniert und über einen arteriellen Zugang wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Solche Konzepte würden sich auch für eine mobile Versorgung von Menschen anbieten, die in Regionen leben, wo beispielsweise keine herzchirurgischen oder kardiologischen Zentren vorhanden sind, meint Prof. Artur Lichtenberg, der als Herzchirurg am Universitätsklinikum Düsseldorf tätig ist.

Bessere Überlebenschancen durch extrakorporale Kreislaufunterstützung

Er stellte in diesem Kontext eine Studie des Klinikums Düsseldorf vor, deren Ergebnisse erst zwei Tage vor der DGK-Pressekonferenz vom „Journal of the American College of Cardiology Heart Failure“ (JACC Heart failure) angenommen wurden. Hier ist die Wirksamkeit mobiler extrakorporaler Unterstützungssysteme bei Patienten, die außerhalb der Klinik einen kardiogenen Schock erlitten hatten und aufgrund ihres Zustandes nicht in eine Klinik transportiert werden konnten, retrospektiv untersucht worden. 70 Prozent der Einsätze erfolgten unter Reanimation, berichtete Lichtenberg, das bedeute, dass die Mortalität dieser Patienten normalerweise nahe 100 Prozent liege.

Die Überlebenschance der jüngeren Patienten (≤ 43 Jahre) habe bei diesen Einsätzen im Falle einer verlängerten Reanimation über 45 Minuten nun aber fast 50 Prozent betragen. Wenn man bedenke, dass ansonsten wahrscheinlich fast jeder dieser Patienten gestorben wäre, sei das ein Erfolg, kommentierte Lichtenberg dieses Ergebnis.

Solche Geräte seien zwar kosten- und personalaufwendig. Doch die Versorgung von Schockpatienten in Deutschland könne sich durch die breite Implementierung solcher Systeme auch in Regionen ohne herzchirurgische Abteilung sowie deren Einsatz in Rettungsdiensten weiter verbessern, ist der Herzchirurg überzeugt.

Konsensuspapier empfiehlt frühen Einsatz

So wird auch in einem gemeinsamen Konsensuspapier der „Society for Cardiovascular Angiography and Interventions“ (SCAI), der „American College of Cardiology“ (ACC), der „Heart Failure Society of America (HFSA) und der „Society of Thoracic Surgeons“ (STS) von 2015 der frühe Einsatz mechanischer Unterstützungssysteme für Patienten im kardiogenen Schock empfohlen, die keine Anzeichen einer Stabilisierung oder einer Verbesserung nach initialer Intervention zeigten. Solche Systeme gewährleisteten eine bessere hämodynamische Unterstützung als eine Pharmakotherapie, steht in dem Statement. Sie sollten deshalb in der Klinik verfügbar sein und die entstandenen Kosten erstattet werden.

Aber randomisierte Studien fehlen

Doch wird in dem Papier auch darauf hingewiesen, dass Register und randomisierte kontrollierte Studien, die die verschiedenen Systeme in unterschiedlichen klinischen Szenarien miteinander vergleichen, dringend benötigt würden. Auf das Fehlen solcher Studien weist auch Prof. Eitel hin. „Wir wissen nicht, welche Patienten im kardiogenem Schock genau von einem Unterstützungssystem profitieren, ob nur die therapierefraktären oder alle“, führt er an. „Und wir wissen auch nicht, welches der Systeme wir wann anwenden sollen, ob ECMO, Impella oder TandemHeart.“ 

Literatur

Pressekonferenz „Plötzlicher Herztod und kardiogener Schock: Fortschritte in der Vorbeugung und Behandlung“, DGK-Frühjahrstagung vom 30. März bis 2. April 2016 in Mannheim