Gefühl der Vereinsamung birgt für Herzpatienten Risiken
Bei kardial erkrankten Menschen ist das Gefühl, vereinsamt und sozial isoliert zu sein, mit einem erhöhten Sterberisiko assoziiert. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher in einer großen dänischen Studie.
Psychosoziale Faktoren wie Ängstlichkeit und Depression sind für die Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen bekanntlich von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Das scheint ebenso für das Gefühl der Vereinsamung zu gelten. Dänische Untersucher fanden nämlich jetzt heraus, dass gefühlte Einsamkeit bei Männern und Frauen mit unterschiedlichen Herzerkrankungen mit einem mehr als doppelt so hohen Sterberisiko im Vergleich zu sich nicht isoliert fühlenden Herzpatienten einherging.
Allein zu leben war dagegen nur bei Männern, nicht aber bei Frauen mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Entscheidend ist demnach die subjektive Wahrnehmung des Alleinelebens und nicht unbedingt das Alleineleben per se.
Knapp 13.500 Herzpatienten befragt
Für ihre Studie haben dänische Untersucher um Dr. Anne Vinggaard Christensen von der Universitätsklinik in Kopenhagen umfangreiche Erhebungen bei 13.443 aus fünf dänischen Herzkliniken mit diagnostizierter Herzerkrankung entlassenen Patienten (70% Männer) vorgenommen. Bei ihnen war zuvor eine koronare Herzerkrankung, Herzrhythmusstörung. Herzklappenerkrankung oder Herzinsuffizienz festgestellt worden.
Anhand diverser Fragebögen haben sich die Forscher bei diesen Patienten ein Bild von deren Befindlichkeit bezüglich Ängstlichkeit, Depression und Lebensqualität gemacht. Die subjektiv verspürte Einsamkeit wurde mithilfe eines Fragebogens des Danish National Health Survey erfasst. Primärer Endpunkt war die Gesamtmortalität im ersten Jahr nach der Index-Hospitalisierung.
Mortalität bei Einsamkeit zwei- bis dreifach höher
Ergebnis: Ein Gefühl der Vereinsamung war mit einer nahezu dreifach höheren 1-Jahres-Mortalität (Hazard Ratio 2,92; 95% Konfidenzintervall 1,55-5,49) bei Frauen und mit einem mehr als zweifach höheren Sterberisiko (HR 2,14; 95% KI 1,43-3,22) bei Männern assoziiert.
Das subjektiv empfundenes Alleinsein war ein stärkerer Prädiktor für die Mortalität als die bloße Tatsache, allein zu leben. In einem Einpersonenhaushalt zu leben war nur bei herzkranken Männern mit einem erhöhten Sterberisiko assoziiert (HR 1,39; 95% KI 1,05-1,85), während bei Frauen kein entsprechender Bezug zu beobachten war.
Nach Ansicht der Studienautoren sprechen diese Beobachtungen dafür, subjektiv empfundene Vereinsamung als Faktor in die klinische Risikoabschätzung bei Patienten mit Herzerkrankungen mit aufzunehmen und über praktische Interventionen zur Verringerung dieser belastenden Empfindung nachzudenken.
Was sind die ursächlichen Mechanismen?
Aus der Studie selbst lassen sich keine Schlussfolgerungen bezüglich der ursächlichen Mechanismen für die beobachtete Beziehung zwischen Vereinsamung und Mortalität ziehen. Die Autoren nennen gleichwohl mehrere plausibel erscheinende Gründe für die Assoziation. So könnte soziale Isolation das Verhalten negativ beeinflussen und dazu führen, dass eine ungesunde Lebensweise mit wenig körperlicher Bewegung, schlechter Ernährung sowie exzessivem Nikotin- und Alkoholkonsum praktiziert wird. Auch könnte eine gute soziale Bindung das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit verstärken und so dazu beitragen, dass ungünstige stressinduzierte Einflüsse auf die kardiovaskuläre Reaktivität „abgepuffert“ werden.
Literatur
Christensen A.V. et al.: Significantly increased risk of all-cause mortality among cardiac patients feeling lonely. BMJ 2019, http://dx.doi.org/10.1136/heartjnl-2019-315460