Rivaroxaban bei Antiphospholipid-Syndrom wohl nicht die beste Wahl
Den Nachweis, dass eine Antikoagulation mit Rivaroxaban Patienten mit Antiphospholipid-Syndrom (APS) ebenso gut vor Thrombosen schützt wie eine dosisadjustierte Prophylaxe mit einem Vitamin-K-Antagonisten, hat eine aktuelle Vergleichsstudie nicht erbringen können.
Ein auf Nachweis von „Nicht-Unterlegenheit“ angelegter randomisierter Vergleich von Rivaroxaban mit dem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) Warfarin bei Patienten mit APS hat sein Ziel verfehlt: Am Ende war die Rate an Thrombose-Rezidiven in der Rivaroxaban-Gruppe zwar nicht statistisch signifikant, aber immerhin numerisch deutlich höher als in der Warfarin-Gruppe. Das vorab als maßgeblich für „Nicht-Unterlegenheit“ definierte Kriterium wurde nicht erfüllt.
Beim häufig im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes auftretenden APS finden sich bekanntlich spezifische Antikörper gegen Phospholipide wie Cardiolopin oder Prothrombin sowie phospholipidbindende Proteine wie beta-2-Glykoprotein I. Diese Antiphospholipid-Antikörper (APA) verstärken die Blutgerinnung (Hyperkoagulabilität) und begünstigen so die Entstehung von Thrombosen. Im Fall aufgetretener Thrombosen ist eine effektive Prophylaxe in Form einer Gerinnungshemmung erforderlich, bei der standardmäßig VKA zum Einsatz kommen.
Randomisierter Vergleich mit dem VKA Warfarin
Spanische Forscher um Dr. Josefina Cortés-Hernández vom Vall d'Hebrón University Hospital in Barcelona wollten wissen, ob bei dieser Indikation auch die weniger aufwändige Thromboseprophylaxe mit Rivaroxaban als Alternative mit äquivalenter Wirksamkeit und Sicherheit infrage kommt. Zwei vorangegangene Rivaroxaban-Studien waren diesbezüglich zu kontroversen Ergebnissen gekommen.
Zwecks weiterer Klärung hat die Gruppe um Cortés-Hernández eine offene randomisierte Vergleichsstudie initiiert, in die an sechs spanischen Unikliniken 190 erwachsene Teilnehmer mit APS und stattgehabten Thrombosen aufgenommen worden waren. Nach Zufallszuteilung erhielten die Patienten dann über drei Jahre eine Thromboseprophylaxe mit Rivaroxaban (täglich 20 mg bzw. 15 mg bei eingeschränkter Nierenfunktion) oder mit Warfarin (Ziel-INR 2,0 – 3,0 bzw. 3,1 – 4,0 bei Thromboserezidiven in der Vorgeschichte).
Mehr Thromboserezidive unter Rivaroxaban
Primärer Wirksamkeitsendpunkt war der Anteil an Patienten mit neu aufgetretenen Thromboserezidiven. Innerhalb des Follow-up von drei Jahren waren davon 11 Patienten (11,6%) in der Rivaroxaban-Gruppe und 6 Patienten (6,3%) in der VKA-Gruppe betroffen (Risk Ratio 1,83; 95% Konfidenzintervall 0,71 – 4,76, p-Wert für Nicht-Unterlegenheit = 0,29). Der Wert für die Risk Ratio überschreitet damit klar die für „Nicht-Unterlegenheit“ definierte Äquivalenzgrenze von 1,40.
Bei der Analyse sekundärer Endpunkte stellten die Untersucher fest, dass es sich bei den Rezidivereignissen in der Rivaroxaban-Gruppe zumeist um arterielle Thrombosen handelte. So traten Schlaganfälle unter Rivaroxaban häufiger auf als unter Warfarin (9 Ereignisse vs. kein Ereignis). Schwerwiegende Blutungen wurden bei 6 Patienten (6,3%) in der Rivaroxaban-Gruppe und bei 7 Patienten (7,4%) mit VKA-Prophylaxe beobachtet (korrigierte RR 0,86; 95% Konfidenzintervall 0,30 – 2,46). Es gab keine tödlich verlaufenen Blutungen.
Was ist bei APS anders?
Ebenso wie die aktuelle Untersuchung haben auch andere Studien bislang noch keine überzeugenden Argumente dafür liefern können, dass Patienten mit APS eine Thromboseprophylaxe mit Nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) als Alternative zu VKA erhalten sollten. Anders als etwa bei Patienten mit Vorhofflimmern oder venösen Thromboembolien (VTE), bei denen sich NOAKs als mindestens ebenso wirksam wie VKA erwiesen haben, scheint dies bei APS anders zu sein. Die Gründe dafür liegen noch im Dunkeln. Experten hoffen gleichwohl, dass sich in weiteren Studien Patientengruppen mit APS identifizieren lassen, die für eine Prophylaxe mit NOAKs geeignet sind.
Literatur
Ordi-Ros J. et al.: Rivaroxaban Versus Vitamin K Antagonist in Antiphospholipid Syndrome: A Randomized Noninferiority Trial, Ann Intern Med. 2019, 15. Oktober 2019