4 Ernährungstrends auf dem Prüfstand
Der Schlüssel ist gesunde, frische Vielfalt – welche Ernährungsweise darüber hinaus neuen Daten zufolge zur kardiovaskulären Gesundheit beiträgt, erläuterte Dr. Elisabeth Schieffer, Kardiologin und Ernährungsmedizinerin an der Medizinischen Hochschule Hannover, bei der 87. DGK-Jahrestagung.
1. High Proteine Produkte – nur ein Hype?
In den vergangenen Jahren zeigte sich ein Trend zum Protein: In Supermarktregalen finden sich plötzlich sogenannte High Proteine Produkte, ob Müsliriegel, Pudding oder Pasta. Zwar brauchen wir Proteine für unsere Knochen, Muskulatur und das Immunsystem, aber ist Protein-Supplementierung für sportlich Aktive wirklich sinnvoll?
Für gesunde Erwachsene empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bestimmte tägliche Proteinmengen in Abhängigkeit von Körpergewicht, Lebensalter und Sportpensum. Für eine 70 kg schwere Person zwischen 19 und 65 Jahren liegt die Empfehlung bei 56g täglich. Treibt diese Person aber mindestens fünf Stunden Sport pro Woche, steigt die Empfehlung auf 84 bis 140g. Zudem rät die DGE, verschiedene natürliche Proteinquellen zu mischen. „Protein-Supplementierung ist also nicht notwendig und empfohlen“, fasste Schieffer zusammen. „Der Trend der High Proteine Produkte ist demnach nicht gesundheitsförderlich und man sollte Proteinüberversorgung vermeiden, da diese die Niere dauerhaft belasten kann.“
2. Neue Daten zu Milch, Buttermilch und Joghurt
Einige verzweigtkettige Aminosäuren wie Leucin, Isoleucin oder Valin kann der Körper nicht selbst herstellen, obwohl er sie für Stoffwechselprozesse braucht. Studien zeigen jedoch, dass erhöhte Level dieser Aminosäuren mit Insulinresistenz, kardiovaskulären und Tumorerkrankungen einhergehen. „Sie sind also nur in geringem Maße zu empfehlen“, so Schieffer.
Trotz zunehmender Daten ist die Studienlage zum Konsum von Milch widersprüchlich. Eine moderate Aufnahme könne günstig sein, da sie auch eine Möglichkeit sei, verzweigtkettige Aminosäuren aufzunehmen, erläuterte die Ernährungsmedizinerin. Aber auch hier gelte: Nicht übermäßig konsumieren. Weitere Studien legen nahe, dass fermentierte Milchprodukte wie Buttermilch oder Kefir mit einem leicht reduzierten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert seien und Naturjoghurt mit einem verringerten Risiko für Diabetes und metabolisches Syndrom einhergehe.
3. Mediterrane Ernährung weiterhin empfehlenswert
Es komme mehr auf die Ernährung insgesamt als auf einzelne Komponenten an, so Schieffer. Weiterhin zu empfehlen sei die mediterrane Ernährung mit Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Nüssen, Vollkornprodukten, Fisch und nativem Olivenöl. „Sie senkt das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Tumorerkrankungen und metabolisches Syndrom, indem wir bessere Fette, Vitamine, Ballaststoffe, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe, sogenannte Polyphenole aufnehmen“, erläuterte sie. Die Bedeutung der Polyphenole werde noch unterschätzt.
„Unsere Ernährung ist ein komplexes Zusammenspiel: Durch die richtigen Fette, Ballaststoffe, Vitamine und Polyphenole werden Mikrobiom, Stoffwechsel und enterale Resorption beeinflusst, was wiederum das LDL-Cholesterin, die Plättchenaggregation und die Inflammation reduziert sowie die Insulinsensitivität und die Endothelfunktion verbessert“, ergänzte Schieffer.
4. Polyphenole – unterschätzte Helfer?
Polyphenole sind in Beeren, Früchten, Gemüse, grünem und schwarzem Tee, Olivenöl, Nüssen und Schokolade enthalten. Ihre Effekte auf das Gefäßsystem und Endothelzellen zeigen sich bei älteren Zellen eher als reduzierte Vasokonstriktion, bei jüngeren, gesünderen Zellen eher als verbesserte Vasorelaxion. „Die Endothelfunktion ist ein wichtiger prognostischer Faktor, da Nahrungsaufnahme das Gefäßsystem stresst. Eine Pommes-Currywurst-Diät fördert Endothelfunktionsstörungen, während mediterrane Ernährung die Gefäße stabilisiert“, so Schieffer.
Eine verbesserte Endothelfunktion gehe mit verbesserter Leistungsfähigkeit einher und damit mit einem geringeren kardiovaskulären Risiko. Insgesamt zähle eine gesunde, frische Vielfalt mit den richtigen Fetten, Mikronährstoffen, Ballaststoffen, fermentierten Milchprodukten und hochwertigen Proteinen, resümierte sie.
Literatur
Vorgestellt in “Kardiovaskuläre Prävention: Fakten, Möglichkeiten und Limitationen“, 87. DGK-Jahrestagung, 10. April 2021