Nachrichten 13.02.2023

Nach Schlaganfall: Lohnt ein Langzeit-Screening auf Vorhofflimmern?

Nach Schlaganfällen mit bekannter Ätiologie wurde bei jedem fünften Patienten unerkanntes Vorhofflimmern durch ein Langzeit-Monitoring mithilfe implantierter Herzmonitore entdeckt. Noch ist unklar, ob durch resultierende Therapieveränderungen weitere Schlaganfälle verhindert werden.

Anders als Patienten mit unerklärlichen („kryptogenen“) Schlaganfällen gelten Patienten mit ischämischen Schlaganfällen bekannter Ursache nicht als Kandidaten für eine systematische Suche nach subklinischem Vorhofflimmern. US-Untersucher haben gleichwohl genau bei diesen Patienten ein kontinuierliches Langzeit-Screening mittels „Insertable Cardiac Monitors“ (ICM) in der STROKE-AF-Studie auf seine detektorische „Ausbeute“ hin untersucht.

Nach einem Jahr war im ICM-Arm der Studie mit kontinuierlichem Monitoring bei 12,1% aller Patienten ein zuvor nicht erkanntes Vorhofflimmern entdeckt worden, im Vergleich zu 1,8% in der Kontrollgruppe mit standardmäßiger Versorgung, so das 2021 bei der International Stroke Conference (ISC 2021) präsentierte Hauptergebnis der STROKE-AF-Studie.

Nach drei Jahren wuchs die Detektionsrate auf 21,7%

Bei der diesjährigen International Stroke Conference (ISC 2023) in Dallas hat Studienleiter Dr. Lee H. Schwamm vom Massachusetts General Hospital in Boston aktuell die nun auf einem dreijährigen ICM-Monitoring basierenden Studienergebnisse präsentiert. Wer länger sucht, findet mehr: Nach drei Jahren war die Detektionsrate mit nunmehr 21,7% vs. 2,4% in der Gruppe mit ICM-basiertem Screening signifikant um den Faktor 10 höher als in der Kontrollgruppe (Hazard Ratio: 10,0; 95%-KI: 4,0–25,2; p<0,001). Die meisten der per ICM aufgespürten Arrhythmie-Episoden (88%) waren asymptomatisch.

Ob eine wegen so entdeckter subklinischer Vorhofflimmern-Episoden bei Schlaganfallpatienten initiierte Therapie ­– in aller Regel dürfte das eine orale Antikoagulation sein – künftige Ereignisse wie kardioembolische Schlaganfälle verhindert oder nur „Übertherapie“ ist, muss nun in randomisierten Studien gezeigt werden. Absehbar ist, dass dazu sehr große Studien erforderlich sein werden. Ihr Erfolg wird davon abhängen, wie hoch das mit subklinischen Vorhofflimmern-Episoden bei Schlaganfallpatienten einhergehende Risiko für erneute Schlaganfälle ist.

Kein Unterschied bezüglich Rezidiv-Schlaganfälle

In der STROKE-AF-Studie selbst war – wie schon nach einem Jahr – auch nach drei Jahren kein signifikanter Unterschied bezüglich der Rate an rezidivierenden Schlaganfällen beobachtet worden (17,0% vs. 14,1%; p = 0,71). Allerdings war die Studie nicht dafür angelegt, um Unterschiede bei klinischen Ereignissen aufzeigen zu können. Unter den 34 Patienten im ICM-Arm der Studie, bei denen ein Schlaganfall-Rezidiv aufgetreten war, waren nur drei, bei denen zuvor ICM-basiert Vorhofflimmern entdeckt worden war, von denen wiederum nur einer eine orale Antikoagulation zum Zeitpunkt des Schlaganfalls erhalten hatte, berichtete Schwamm.

Im Fall eines nur auf die ersten 30 Tage nach dem Schlaganfall beschränkten Monitorings wären die meisten Vorhofflimmern-Episoden wohl unentdeckt geblieben: Mehr als 80% wurden nämlich erst in der Zeit danach detektiert.

Ursachen der Schlaganfälle waren bekannt

In der STROKE-AF-Studie waren 492 Patienten (mittleres Alter 67 Jahre; 38% Frauen) randomisiert worden, deren Schlaganfälle an den 33 beteiligten US-Zentren gemäß TOAST-Klassifikation ursächlich entweder auf eine Mikroangiopathie („small vessel disease“) oder auf atherosklerotische Veränderungen in großen Hirnarterien (Makroangiopathie nach Ausschluss einer kardialer Emboliequelle) zurückgeführt worden waren.

Eine Hälfte der Teilnehmer erhielt ein subkutan implantiertes ICM-Device (Reveal LINQ ICM, Medtronic), die andere Hälfte bildete die Kontrollgruppe mit standardmäßiger Versorgung. Die Randomisierung auf beide Gruppen erfolgte im Schnitt zehn Tage nach dem Index-Schlaganfall.

Literatur

Schwamm LH. 3-year results from the STROKE-AF randomized trial. International Stroke Conference, 8. Februar 2023 in Dallas

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