Schlaganfall nach TAVI: Welche Patienten sind gefährdet?
Gerade bei Patienten mit Vorhofflimmern und chronischen Nierenerkrankungen sollte man bei der TAVI-Planung wachsam sein. Denn für sie scheint das Schlaganfallrisiko einer aktuellen Analyse zufolge erhöht zu sein.
Die Transkatheter-Aortenklappen-Intervention (TAVI) befindet sich auf der Siegerspur: Die Indikationsausweitung geht in Richtung intermediäres Risiko, mittlerweile sind sogar Patienten mit niedrigem OP-Risiko ins Visier der Interventiologen geraten. Und auch die Komplikationsraten nehmen – wie man an den Ergebnissen des GARY-Registers erkennen kann – merklich ab.
Doch trotz der technischen Fortschritte bleiben peri- und postprozeduale Komplikationen ein Problem, die den Bestrebungen zur Indikationsausweitung der TAVI einen Riegel vorschieben könnten. So können sich während der Positionierung und Implantierung der Prothese embolische Partikel lösen, die im Gehirn zerebrale Ischämien und Schlaganfälle verursachen.
Um das individuelle Risiko für solche zerebrovaskulären Ereignisse besser vorhersagen zu können, haben Wissenschaftler um Vincent Auffret von der Laval Universität in Quebec nach entsprechenden Prädiktoren gesucht und dafür Daten von 72.318 TAVI-Patienten aus 64 Studien analysiert.
Im Durchschnitt erlitten 3,3% der Patienten innerhalb der ersten 30 Tage nach der Prozedur einen Schlaganfall oder eine TIA; dabei schwankte die Häufigkeit je nach Studie zwischen 1 und 11%.
Vorhofflimmern als stärkster Prädiktor
Als stärkster Prädiktor für das Auftreten von Schlaganfällen und TIA stellte sich neu aufgetretenes Vorhofflimmern heraus (relatives Risiko, RR: 1,85). Des Weiteren waren Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen (RR: 1,43) und Frauen (RR für männliches Geschlecht: 0,82) eher gefährdet, ein solches Ereignis zu erleiden.
Ebenfalls einen Einfluss auf die Komplikationsrate scheint die jeweilige Expertise des Zentrums in der Durchführung der Prozedur zu haben: So wiesen Patienten, die zu einem frühen Zeitpunkt in die entsprechende Studie aufgenommen worden waren, ein 55% höheres relatives Risiko auf, als jene, bei denen die TAVI später durchgeführt worden war. Allerdings kann dieser Zusammenhang auch an anderen Faktoren wie die in dieser Zeit erreichten technischen Fortschritte liegen.
Klappentyp hat keinen Einfluss
Keinen Einfluss auf das Risiko hatte hingegen der Klappentyp (ballon- vs. selbst-expandierbar) und die Art des Zugangswegs (transfemoral vs. nicht transfemoral); fast 90% der TAVI wurden allerdings auch transfemoral durchgeführt. Eine Ballon-Nachdilatation ging tendenziell, aber nicht signifikant mit einem erhöhten Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse einher (RR: 1,43; p-Wert =0,07) – ein Zusammenhang, der nach Ansicht der Studienautoren in künftigen Studien genauer untersucht werden müsste.
Warum sind Frauen eher gefährdet?
Das vermeintlich erhöhte Komplikationsrisiko für Frauen erklären sich Auffret und Kollegen mit der geschlechterspezifisch unterschiedlichen Anatomie des Aortenanulus und linksventrikulären Ausflusstraktes. Beide Strukturen würden beim weiblichen Geschlecht in der Regel eine geringere Größe aufweisen, weshalb mechanische Interaktionen zwischen nativer Klappe und TAVI-Prothese während der Klappenimplantation wahrscheinlicher seien, erläutern die Wissenschaftler. Diese Reibungen wiederum würden die Entstehung zerebraler Embolien begünstigen.
Als einziger patientenspezifischer Risikofaktor war die chronische Nierenerkrankung (CKD) auch nach Adjustierung auf diverse kardiovaskuläre Risikofaktoren mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert. Für die Studienautoren spricht dies dafür, dass eine CKD nicht nur ein Nebeneffekt eines arteriosklerotischen Prozesses, sondern selbst als Trigger für chronische Inflammationsprozesse, oxidativen Stress, erhöhte Sympathikusaktivität usw. fungiert und damit die Arterien-Kalzifizierung und endotheliale Dysfunktion fördert.
Komplikationen durch Rhythmusmonitoring vermeiden
Zur Vermeidung TAVI-assoziierter Komplikationen könnte den Studienautoren zufolge ein kontinuierliches Rhythmusmonitoring bei Patienten mit neu aufgetretenem Vorhofflimmern nützlich sein, da sich damit „stille“ Vorhofflimmern-Episoden detektieren lassen. Ebenso eine Überlegung wert sei, bei diesen Patienten eine rasche Antikoagulation unabhängig von der Episodendauer einzuleiten, auch wenn hierzu bisher keine eindeutigen Leitlinien-Empfehlungen existierten.
Der Nutzen dieser und weiterer Maßnahmen zur Schlaganfallprophylaxe nach TAVI (z. B. Filtersysteme zum Embolieschutz) muss allerdings erst in weiteren Studien untersucht werden.
Literatur
Auffret V, Regueiro A, Del Trigo M et al. Predictors of Early Cerebrovascular Events in Patients With Aortic Stenosis Undergoing Transcatheter Aortic Valve Replacement. J Am Coll Cardiol. 2016 Aug 16;68(7):673-84. doi: 10.1016/j.jacc.2016.05.065.