Ist präventive PCI im Fall bedrohlicher Plaques von Vorteil?
Könnte eine perkutane Koronarintervention (PCI) nicht nur bei hochgradigen Koronarstenosen, sondern auch in der Behandlung von nicht obstruktiven koronaren Hochrisiko-Plaques von Vorteil sein? Eine kleine Pilotstudie macht diesbezüglich Hoffnung.
Herzinfarkte resultieren pathophysiologisch häufig aus einer Plaque-Ruptur mit nachfolgender Thrombosierung der Koronararterie. Als rupturanfällige Koronarläsionen gelten lipidreiche Plaques mit einer dünnen fibrösen Kappe, die angiografisch meist nur mit relativ milden und nicht flusslimitierenden Stenosen einhergehen.
Könnte eine PCI mit Stent-Implantation, die nach derzeit geltenden Regeln bei solchen nicht obstruktiven Läsionen nicht indiziert ist, dazu beitragen, „vulnerable“ Hochrisiko-Plaques zu stabilisieren und so künftigen kardialen Ereignissen vorzubeugen? Die aktuell bei virtuellen TCT-Kongress (TCT Connect 2020) vorgestellte randomisierte Pilotstudie PROSPECT-ABSORB liefert dazu erste positive Daten.
Nach ihren Ergebnissen war das Gefäßlumen im Bereich der Läsionen bei Patienten mit PCI und Implantation einer bioresorbierbaren Gefäßstütze deutlich größer als bei nur medikamentös behandelten Patienten. Auch bezüglich einer möglichen Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen, deren Rate in der PCI-Gruppe niedriger war, macht die Studie Hoffnung. Sie ist allerdings viel zu klein, um hier schon für Klarheit sorgen zu können.
PROSPECT-ABSORB ist eine in die PROSPECT-II-Studie eingebettete Substudie. Auch die Ergebnisse der PROSPECT-II-Studie, in der es primär darum ging, den Stellenwert einer intrakoronaren Bildgebung in der Detektion von nicht-obstruktiven lipidreichen Hochrisiko-Plaques zu validieren, sind beim Kongress TCT Connect 2020 vorgestellt worden (hier der Bericht).
Gefäßlumen stärker erweitert
In die Substudie PROSPECT-ABSORB waren 182 von 898 Teilnehmern der PROSPECT-II-Studie aufgenommen worden. Bei ihnen waren mittels intravasalem Ultraschall (IVUS) bis dato unbehandelte „vulnerable” Läsionen mit hoher Plaquebelastung (IVUS plaque burden ≥65%) in Koronararterien festgestellt worden. Nach Zufallszuteilung haben diese Patienten entweder nur eine optimale medikamentöse Standardtherapie (n= 89) oder zusätzlich eine PCI mit Implantation der bioresorbierbaren Gefäßstütze BVS-Absorb (bioresorbable vascular scaffold, Abbott Vascular) erhalten (n=93).
Nach 25 Monaten zeigt sich die per IVUS gemessene mittlere minimale Lumenfläche (MLA) in der Gruppe mit BVS-Implantation mit 6,9 mm2 (gegenüber 3,2 mm2 zu Beginn) deutlich vergrößert, während es in der Gruppe mit alleiniger medikamentöser Therapie bei einem mittleren MLA-Wert von nur 3.0 mm2 praktisch keine Veränderung gegeben hatte (p<0,0001).
Rate kardialer Ereignisse nach PCI niedriger
Auch bei der Rate kardialer Ereignisse (Major adverse cardiac events, MACE) ergab sich nach einem medianen Follow-up von rund vier Jahren ein – zumindest numerischer – Unterschied zugunsten der BVS-Gruppe (4,3% vs. 10,7%; Odds Ratio 0,38, 95% Konfidenzintervall 0,11-1,30, p=0,12). Ausschlaggebend dafür war allein die Abnahme von progressiver Angina pectoris (1,1% vs. 9,0%). Allerdings ist statistisch die Teststärke der Studie bezüglich klinischer Ereignisse zu gering, um aus diesem Ergebnis zuverlässige Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Beim für die Sicherheit relevanten Endpunkt eines „Zielgefäß-Versagens“ (target lesion failure: kardialer Tod, Zielgefäß-bezogener Myokardinfarkt, Revaskularisation der Zielläsion) bestand kein Unterschied zwischen beiden Gruppen (4,3% vs. 4,5%, p=0,96).
Folgt jetzt eine größere randomisierte Studie?
Die Ergebnisse der Pilotstudie PROSPECT-ABSORB rechtfertigen nach Ansicht von Studienleiter Dr. Gregg Stone, Icahn School of Medicine und Cardiovascular Research Foundation (CRF), New York, die Durchführung einer „adäquat gepowerten randomisierten Studie, um zu klären, ob eine PCI-Behandlung von fokalen vulnerablen Plaques die Prognose der Patienten verbessert“.
Die Frage ist, ob für eine solche Behandlung moderne Drug-eluting Stents (DES) oder eher bioresorbierbare BVS-Gefäßstützen der neueren Generation die beste Wahl sind. Da nicht flusslimitierende Koronarläsionen bislang nicht mittels PCI behandelt wurden, gibt es keine Vergleichsdaten, die bei dieser Entscheidung helfen könnten. Die in der PROSPECT-ABSORB-Studie verwendete und wegen damit verbundener Probleme von Markt genommene Gefäßstütze BVB-Absorb ist jedenfalls aus dem Rennen.
Literatur
Vorgestellt in der Sitzung „Late-breaking clinical trials I” beim virtuellen Kongress TCT Connect 2020