Interventionelle Mitralinsuffizienz-Therapie: Zwei Systeme im direkten Vergleich
Erstmals wurden Effektivität und Sicherheit zweier Systeme zur interventionellen Mitralklappenrekonstruktion – MitraClip und PASCAL – in einer randomisierten Studie verglichen. Ein System scheint leichte Vorteile zu haben, wobei anatomische Faktoren über die Deviceselektion entscheiden dürften.
Ärztinnen und Ärzte können jetzt zwischen zwei gleichwertigen Therapieoptionen wählen, wenn eine perkutane Edge-to-Edge-Rekonstruktion einer degenerativen Mitralinsuffizienz ansteht. Das PASCAL-System hat sich in einer Interimsanalyse der randomisierten CLASP-IID-Studie gegenüber dem MitraClip nämlich als „nichtunterlegen“ erwiesen. Das verkündeten die Studienautoren Dr. Scott Lim und Dr. Konstantinos Koulogiannis jetzt beim TCT-Kongress in Boston.
Erste randomisierte Studie mit Direktvergleich
CLASP-IID ist die erste randomisierte Studie, in der beide Edge-to-Edge-Therapieverfahren zur perkutanen Rekonstruktion einer degenerativen Mitralklappeninsuffizienz direkt miteinander verglichen wurden. Für die Studie wurden Patientinnen und Patienten mit einer schweren, klinisch signifikanten, degenerativen Mitralklappenregurgitation (Grad 3+ oder 4+) und einem hohen OP-Risiko 2:1 randomisiert: zum PASCAL-Device oder zum MitraClip – dem bisherigen Standard zur perkutanen Rekonstruktion einer Mitralinsuffizienz. Die aktuell beim TCT vorgestellte und gleichzeitig im „Journal of the American College of Cardiology“ publizierte Interimsanalyse basiert auf den Ergebnissen von 180 Studienpatienten (insgesamt geplant ist ein n von 300), davon hatten 117 das PASCAL-System und 63 den MitraClip implantiert bekommen. Das mittlere Alter der Teilnehmenden lag bei 81 Jahren; mehr als zwei Drittel waren Männer.
Nichtunterlegenheit klar erreicht
In dieser Zwischenanalyse hat das PASCAL-System sowohl in puncto Sicherheit als auch in puncto Effizienz seine „Nichtunterlegenheit“ gegenüber dem MitraClip unter Beweis gestellt. So kam es während der ersten 30 Tage bei 3,4% der Patienten mit dem implantierten PASCAL-Device zu einem Ereignis des primären Sicherheitsendpunktes, bei den mit MitraClip versorgten Patienten waren 4,8% betroffen. Zu diesem Sicherheitsendpunkt zählten schwerwiegende Ereignisse wie kardiovaskulär bedingter Tod, Schlaganfall, erstmalige Notwendigkeit für eine Nierenersatztherapie, schwere Blutungen oder nicht elektive Reinterventionen an der Mitralklappe. Der absolute Unterschied betrage –1,3%, und liege damit klar innerhalb der präspezifizierten Grenze für eine Nichtunterlegenheit, berichtete Lim.
Leichte Vorteile für das PASCAL-System bei kardiovaskulärer Mortalität
Bei separater Betrachtung des Endpunktes „Freiheit von kardiovaskulärer Mortalität“ fällt auf, dass das PASCAL-Device nach sechs Monaten leicht die Nase vorn: 99,1% der damit behandelten Patienten waren zu diesem Zeitpunkt an keiner kardiovaskulären Ursache verstorben, in der MitraClip-Gruppe waren 93,7% frei von einem solchen Ereignis geblieben (p=0,035).
Effizienzendpunkt vergleichbar, aber MitraClip scheint über die Zeit etwas nachzulassen
Einen kleinen Vorteil scheint das PASCAL-Device auch in Bezug auf die Durabilität seiner Performanceleistung zu haben. Beim primären Effizienzendpunkt, definiert als Rückgang der Insuffizienz auf einen Grad ≤ 2+ nach 6 Monaten, gab es zwar keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen. Dieser Endpunkt wurde bei entsprechend 96,5% (PASCAL) vs. 96,8% (MitraClip) erreicht (absoluter Unterschied – 0,3%). Betrachtet man aber den Anteil an Patienten, die nach 6 Monaten einen Grad von ≤ 1+ erreicht haben, wird ersichtlich, dass dieser in der PASCAL-Gruppe über die Zeit einigermaßen konstant geblieben ist (87,2% bei Entlassung und 83,7% nach 6 Monaten; p=0,317), wohingegen der Anteil in der MitraClip-Gruppe während dieser Zeit wieder etwas zurückgegangen ist (entsprechend 88,5% und 71,2%; p=0,003).
Lebensqualität und funktionelle Parameter (NYHA-Klasse, 6-Minuten-Gehstrecke) verbesserten sich in beiden Gruppen signifikant. Ebenso konnten in der Echokardiografie in beiden Gruppen ein günstiges ventrikuläres Remodeling (linksventrikuläres endsystolisches Volumen [LVESV] und linksventrikuläres enddiastolisches Volumen [LVEDV] wurden deutlich reduziert) und ein erhöhtes Schlagvolumen nachgewiesen werden.
Unterschiede bisher nur hypothesengenerierend
Was lässt sich aus den Ergebnissen nun für die Praxis ableiten? Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass das PASCAL-System angesichts dieser Ergebnisse eine nützliche Option zur Behandlung einer signifikanten degenerativen Mitralinsuffizienz darstellt. Ärzte haben bei dieser Indikation also die Wahl zwischen zwei interventionellen Edge-to-Edge-Verfahren: MitraClip oder PASCAL.
In die Ergebnisse, die einen Vorteil zugunsten des PASCAL-Device aufzeigen, sollte man Lim zufolge derzeit nicht allzu viel hineininterpretieren. Es sei nur ein 6-Monats-Follow-up mit nur 180 Patienten gewesen, gab er beim Kongress zu bedenken. Man müsse erst die Ergebnisse der Gesamtkohorte und das längere Follow-up abwarten. In der Publikation im JACC schreiben die Autoren ebenfalls von einem zu diesem Zeitpunkt noch „hypothesen-generierenden“ Ergebnis.
Welches Device für welchen Patienten?
Über die Deviceselektion dürften am Ende wahrscheinlich eh gewisse anatomische Kriterien entscheiden, wie Lim beim TCT anmerkte. „Die beiden Systeme haben verschiedene Devicefeatures“, erläuterte der Kardiologe. Das PASCAL-System zeichnet sich u.a. durch einen Nitinolrahmen aus, der eine flexible Anpassung erlaubt. Deshalb habe das Device bei Patienten mit kleinerem Mitralanulus womöglich gewisse Vorteile, erläuterte Lim. Außerdem hebt Lim die Verlängerungsoption des Devices und das schmale Profil hervor, wodurch die Operateure mit mehr Selbstvertrauen agieren könnten.
Auf der anderen Seite ist, wie der Kardiologe ausführte, der mechanische Verschluss beim MitraClip deutlich stärker. Deshalb sei der MitraClip bei verkalkten oder verdickten Klappensegeln wahrscheinlich die bessere Wahl. Für den MitraClip spricht Lim zufolge derzeit auch noch der größere Erfahrungsschatz. Die Operateure hätten umfangreiche Praxis mit dem Device und die Implantation des PASCAL-Device erfordere eine gewisse Lernkurve, erläuterte er.
Literatur
Lim S, Koulogiannis K: CLASP II D Trial: A Randomized Comparison Of Transcatheter Edge-To-Edge Repair Devices For Degenerative Mitral Regurgitation – Clinical Outcomes And Echo Findings; TCT-Kongress 2022, 16. -19. September 2022, Boston