Vorhofflimmern: Früher Rhythmuserhalt rechnet sich

Dass eine frühe rhythmuserhaltende Therapie bei Vorhofflimmern klinisch von Vorteil ist, hat die EAST-AFNET-4-Studie gezeigt. Dass diese Therapie wohl auch wirtschaftlich ist, legt eine auf Daten der deutschen Teilnehmer der Studie gestützte Analyse ihrer Kosteneffektivität nahe.

Von Peter Overbeck

 

28.03.2023

Kann eine frühe rhythmuserhaltende Therapie mit Antiarrhythmika und gegebenenfalls Katheterablation bei Patienten mit kürzlich aufgetretenem Vorhofflimmern (erste Dokumentation nicht länger als ein Jahr zurückliegend) klinische Ereignisse effektiver verhindern als die übliche und zumeist verzögert initiierte Behandlung?

Auf diese Frage hat die EAST-AFNET-4-Studie bekanntlich eine klare Antwort gegeben: Bei einer Inzidenz von 3,9% vs. 5,1% pro Jahr wurden Ereignissen des primären Studienendpunktes (kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall, Krankenhausaufenthalt wegen dekompensierter Herzinsuffizienz oder akutem Koronarsyndrom) im Verlauf von rund fünf Jahren durch eine frühe rhythmuserhaltende Therapie im Vergleich zur konventionellen Behandlung (usual care) signifikant um 21% reduziert.

Doch wie steht es um die Kosteneffektivität dieser Behandlungsstrategie? Dieser Frage ist inzwischen eine EAST-AFNET-4-Arbeitsgruppe um Sophie Gottschalk vom Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), in einer in die Studie eingebetteten Wirtschaftlichkeitsanalyse nachgegangen.

Kostenanalyse aus der Perspektive der Krankenkassen

Für die aus der Perspektive der Krankenversicherungen als Kostenträger vorgenommenen Analyse sind die Daten des Teilkollektivs der 1.664 deutschen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer herangezogen worden. Auch in diesem Teilkollektiv war ein früher Rhythmuserhalt im Vergleich zur konventionellen Behandlung mit weniger Ereignissen des primären Endpunktes (210 vs. 255) und weniger Todesfällen (117 vs. 139) assoziiert.

 

Als Maß für den Behandlungseffekt wurde bei der Analyse die Zeit bis zum Auftreten eines primären Endpunktereignisses sowie die im Beobachtungszeitraum überlebte Zeit zugrunde gelegt. Für beide Effekte wurde jeweils die sogenannte inkrementelle Kosteneffektivitätsrelation (ICER) berechnet. Sie gibt die Zusatzkosten an, die für ein zusätzliches Jahr ohne kardiovaskuläres Ereignis beziehungsweise für ein zusätzliches Lebensjahr aufzuwenden sind.

 

Der adjustierten Analyse zufolge waren bei den Patienten in der Gruppe mit frühem Rhythmuserhalt höhere Zusatzkosten von im Mittel 1.924 Euro angefallen. Als Behandlungseffekte wurden eine signifikant längere mittlere Zeit bis zum Auftreten eines primären Endpunktereignisse (+0,18 Jahre) sowie eine nicht signifikant längere mittlere Überlebenszeit (+0,09 Jahre) im Vergleich zur konventionell behandelten Gruppe festgestellt.

 

Die ICER-Berechnung ergab 10.638 Euro pro zusätzliches Jahr ohne ein Endpunktereignis und 22.536 Euro pro gewonnenes Lebensjahr.

 

Ob die zusätzlichen Behandlungseffekte zum Tragen kommen, hängt allerdings von der Zahlungsbereitschaft des Kostenträgers im Gesundheitswesen ab. Die maximale Zahlungsbereitschaft für den Gewinn eines Lebensjahrs oder ein Jahr ohne kardiovaskuläres Ereignis sei allerdings nicht klar definiert, auch sei der ICER als Durchschnittswert mit statistischer Unsicherheit behaftet, so die Studienautoren um Gottschalk. Sie haben deshalb für hypothetische Zahlungsbereitschaftswerte berechnet, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine frühe rhythmuserhaltende Therapie kosteneffektiv ist. Das Ergebnis: Hohe Wahrscheinlichkeiten für die Kosteneffektivität einer solchen Therapie können zu hypothetischen Zahlungsbereitschaften von ≥55.000 Euro pro ereignisfreiem Lebensjahr (≥95%) bzw. pro hinzugewonnenem Lebensjahr (≥80%) erreicht werden.

„Akzeptable Zusatzkosten“

„Die gesundheitlichen Vorteile des frühen Rhythmuserhalts sind durch die EAST-AFNET 4 Studie, multiple Subanalysen und in weiteren klinischen Datensätzen gut belegt. Diese Analyse legt nun nahe, dass die frühe rhythmuserhaltende Behandlung im deutschen Gesundheitssystem möglicherweise zu akzeptablen Zusatzkosten erreicht werden kann“, konstatiert der wissenschaftliche Leiter der EAST-AFNET 4 Studie, Prof. Paulus Kirchhof vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum, UKE, Hamburg, in einer vom Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET) veröffentlichten Pressemitteilung anlässlich der Publikation der Wirtschaftlichkeitsanalyse.


Literatur

Gottschalk S, et al. Cost-effectiveness of early rhythm-control versus usual care in atrial fibrillation care: an analysis based on the German subsample of the EAST-AFNET 4 trial. EP Europace 2023. DOI: 10.1093/europace/euad051

 

Pressemitteilung vom Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. (AFNET): Rechnet sich der frühe Rhythmuserhalt bei Vorhofflimmern? Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse aus der EAST – AFNET 4 Studie, veröffentlicht am 27. März 2023

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