Asymptomatische Karotisstenose: Stenting und Operation langfristig gleichauf
Karotisstent-Implantation und operative Thrombendarteriektomie zeichnen sich bei Patienten mit asymptomatischen schweren Karotisstenosen auf längere Sicht durch ein gleiches Nutzen/Risiko-Profil aus, zeigt eine randomisierte Vergleichsstudie.
Bei bis zu 20 % aller zerebralen ischämischen Ereignisse sind Stenosen oder Verschlüsse der extrakraniellen Arteria carotis interna ursächlich beteiligt. Sowohl mittels Thrombendarterektomie (TEA) als auch Karotisstent-Implantation (Carotid Artery Stenting, CAS) lässt sich die Durchgängigkeit von Karotisarterien wiederherstellen. Beide Methoden gehen aber mit periprozeduralen Risiken einher. Wie steht es auf längere Sicht um das relative Nutzen/Risiko-Verhältnis beider Revaskularisationsverfahren?
Gleiche Ereignisraten nach fünf Jahren
Dieser Frage ist eine internationale Forschergruppe in der randomisierten Multicenterstudie ACST-2 nachgegangen. Jetzt sind beim virtuellen ESC-Kongress 2021 die auf einer Follow-up-Dauer von rund fünf Jahren basierenden Langzeitergebnisse der Studie vorgestellt worden. Danach lassen sich TEA und CAS weitgehend äquivalente Nutzen/Risiko-Profile zuordnen:
- Mit beiden Revaskularisationsmethoden lag die Rate prozeduraler Ereignisse (schwere Schlaganfälle oder Tod innerhalb eines Monats nach dem Eingriff) bei rund 1% (15 Ereignisse in der CAS-Gruppe, 18 in der TEA-Gruppe).
- Die Rate an prozeduralen Schlaganfällen ohne bleibende Behinderungen war in der CAS-Gruppe etwas höher als in der TEA-Gruppe (48 Ereignisse in der CAS-Gruppe, 29 in der TEA-Gruppe, 2,7% vs. 1,6, p=0,03).
- In den folgenden fünf Jahren summierte sich die Inzidenz von schweren oder tödlichen Schlaganfällen ohne prozeduralen Bezug – bei jährlichen Raten von jeweils rund 0,5% - am Ende in beiden Gruppen auf jeweils 2,5%.
- Auch die Gesamtraten aller aufgetretenen Schlaganfälle waren mit 5,3% (CAS) versus 4,5% (TEA) nach fünf Jahren nicht signifikant unterschiedlich (Rate Ratio [RR]: 1,16, 95% Konfidenzintervall: 0,86 – 1,57; p=0,33).
Studienleiterin Dr. Alison Halliday von der University of Oxford hat die simultan im Fachblatt „Lancet“ publizierte ACST2-Studie in einer „Hot Line“ bei ESC-Kongress 2021 präsentiert.
In die Studie waren zwischen 2008 und 2020 an 130 Zentren in 33 Ländern insgesamt 3.625 Patienten aufgenommen worden, von denen per Zufallszuteilung 1.811 der CAS-Gruppe 1.814 der TEA-Gruppe zugeordnet wurden. Voraussetzung für die Studienteilnahme war der Nachweis von asymptomatischen unilateralen oder bilateralen Karotisstenosen (≥60% im Ultraschall), aufgrund derer die behandelnden Ärzte eine Revaskularisation befürworteten, ohne sich aber darüber schlüssig zu sein, für welches Verfahren sich am besten entschieden werden sollte. Patienten mit Schlaganfällen oder TIA in den vorangegangenen sechs Monaten blieben von der Teilnahme ausgeschlossen.
Gute medikamentöse Basistherapie
Beide Behandlungsgruppen zeichneten sich durch einen hohen Anteil an Patienten aus, die eine medikamentöse Basistherapie etwa mit Lipidsenkern, Antithrombotika und Blutdrucksenkern erhielten.
Die ACST-2-Studie beinhaltet kein Vergleichsgruppe mit alleiniger medikamentöser Therapie, die bekanntlich in jüngerer Zeit weiter optimiert worden ist. Auf die Frage, wie eine zusätzliche Karotis-Revaskularisation bezüglich Nutzen und Risiken wohl im Vergleich zu einer modernen medikamentösen Behandlung ohne Revaskularisation abschneiden würde, kann die Studie somit keine Antwort geben.
Literatur
Halliday A: ACST-2: stenting vs. surgery for tight carotid stenosis, Hot Line - ACST-2, ESC Congress 2021 – The Digital Experience, 27. bis 30. August 2021
Halliday s. et al.: Second asymptomatic carotid surgery trial (ACST-2): a randomised comparison of carotid artery stenting versus carotid endarterectomy. Lancet 2021, online 29. August 2021