Akuter Schlaganfall: Erfolg durch Stroke-Einsatzmobile im Rettungsdienst
Die Rettungsdienstversorgung von Schlaganfall-Patienten ist optimierbar: Wird dabei ein spezielles Stroke-Einsatzmobil genutzt, verbessert dies einer Studie Berliner Neurologen zufolge die Behandlungsergebnisse im Vergleich zur konventionellen Versorgung.
Je früher bei akutem ischämischem Schlaganfall mit der Thrombolyse begonnen wird, desto bessere Therapieergebnisse sind zu erwarten. Von Vorteil könnten hier speziell ausgerüstete Rettungsfahrzeuge – sogenannte Stroke-Einsatzmobile (STEMO) oder Mobile Stroke Units (MSU) – sein. Ausgestattet mit Möglichkeiten der zerebralen Bildgebung (CT-Scanner) und der prähospitalen Thrombolyse könnten sie zur besseren Versorgung betroffener Patienten und Minimierung von Folgeschäden beitragen.
Der Nachweis, dass dieses Konzept der prähospitalen Lysebehandlung tatsächlich zu besseren Behandlungsergebnissen führt, steht allerdings noch aus. Eine Gruppe Berliner Neurologen um Prof. Heinrich Audebert von der Klinik für Neurologie mit experimenteller Neurologie am Campus Benjamin Franklin, Berlin, hat dafür die B-PROUD (Berlin Pre-hospital Or Usual Delivery of stroke care)-Projekt initiiert. Die Ergebnisse der unter anderen vom Bundesministerium für Erziehung und Wissenschaften unterstützten Studie hat Audebert in einer „Late-Breaking Science“-Sitzung bei der International Stroke Conference (ISC) 2020 in Los Angeles vorgestellt.
Drei Stroke-Einsatzmobile genutzt
In die im Stadtgebiet von Berlin durchgeführte Studie waren zwischen Februar 2017 und Mai 2019 insgesamt 1543 Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall oder TIA aufgenommen worden. Davon waren 794 Patienten der Gruppe mit konventioneller Versorgung und 749 Patienten der Gruppe mit STEMO-Verfügbarkeit zugeteilt. Drei Stroke-Rettungswägen kamen zum Einsatz. De facto konnten in dieser Gruppe 74% aller Patienten im STEMO behandelt werden.
Früheren Beginn der Lysebehandlung ermöglicht
Wie Audebert berichtet, betrug der Anteil an Patienten mit durchgeführter tPA-Thrombolyse (Alteplase) im Fall der STEMO-Verfügbarkeit 60%, verglichen mit 48% bei den nach Ankunft in der Klinik behandelten Patienten (p<0,01).
Zudem war die Zeit zwischen eingegangenem Alarm und Thrombolyse-Beginn in der STEMO-Gruppe signifikant um 20 Minuten kürzer (50 vs. 70 min, p<0,01). Bei 13% vs. 4% der Patienten konnte die Lysebehandlung schon innerhalb der ersten 60 Minuten eingeleitet werden.
Vorteil bezüglich neurologischer Defizite nach Schlaganfall
Primärer Endpunkt der Studie war das nach drei Monaten feststellbare Ausmaß der Behinderung und neurologischen Beeinträchtigung, das von drei unabhängigen Neurologen anhand der modifizierten Rankin-Skala (mRS) verblindet beurteilt wurde (mRS 0-6). Hier gab es insgesamt einen signifikanten Unterschied um 26% zugunsten der Gruppe mit STEMO-Verfügbarkeit (Odds Ratio 0,74; 95%-Konfidenzintervall 0,60-0,90, p=0,003). Der Unterschied bezüglich eines aus drei Kategorien bestehenden co-primären Endpunkts (mRS 0-3 oder Rückkehr ins häusliche Leben; mRS 4-5 oder Leben in einer Pflegeeinrichtung; Tod) war dagegen nicht signifikant (Odds Ratio 0.75; 95%-Konfidenzintervall 0,56-1,01: p=0,057).
Zwar habe man bessere Ergebnisse in der Gruppe mit STEMO-Verfügbarkeit erwartet, gleichwohl sei man von Ausmaß der Effekte überrascht gewesen, äußert sich Audebert in einer Pressemitteilung der American Stroke Association. Es sei offensichtlich, dass die thrombolytische Therapie am effektivsten ist, wenn sie in der sehr frühen Phase nach Schlaganfall zum Einsatz kommt – idealerweise in der ersten oder so genannten „goldenen“ Stunde nach Symptombeginn. „Einfach zu warten, bis der Patient die Klinik erreicht, reicht da nicht mehr aus“, so Audebert.
Literatur
Audebert H.: Effects of Pre-hospital Acute Stroke Treatment as Measured with the Modified Rankin Scale; the Berlin - Pre-hospital Or Usual care Delivery (B_PROUD) trial, vorgestellt am 20. Februar 2020 bei der International Stroke Conference (ISC) 2020, 19. – 21. Februar 2020, Los Angeles