Vorhofflimmern: Viele Patienten vernachlässigen orale Antikoagulation
Weniger als die Hälfte der Patienten mit Vorhofflimmern, die eine orale Antikoagulation verordnet bekommen, nehmen diese auch wirklich regelmäßig ein. Dies gilt zumindest für die USA. Und: Auch bei den neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) scheint es ein Adhärenzproblem zu geben.
Patienten, die wegen Vorhofflimmern eine orale Antikoagulanzien einnehmen, tun das oft nur sehr lückenhaft. Für Vitamin-K-Antagonisten ist das nicht neu: Die Adhärenz gilt bei dieser Form der Gerinnungshemmung traditionell als eines der Hauptprobleme. Doch ist sie bei den neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) unter den Bedingungen der realen Versorgung wirklich wesentlich besser?
Eine US-amerikanische Versorgungsforschungsstudie hat das jetzt etwas genauer untersucht. Wissenschaftler der Mayo Clinic in Rochester berichten darüber im „Journal of the American Heart Association“. Sie haben dafür die Datenbank eines großen amerikanischen Versicherungsträgers ausgewertet.
Insgesamt knapp 65.000 Datensätze flossen in die Analyse ein. Alle Patienten hatten Vorhofflimmern und begannen zwischen 2010 und 2014 erstmals mit einer oralen Antikoagulation. Diese war überwiegend indikationsgemäß verordnet worden: Neun von zehn Patienten hatten einen CHA2DS2-VASc-Score von über eins. Zum Einsatz kamen Vitamin-K-Antagonisten bei 59 %, Rivaroxaban bei 19 %, Dabigatran bei 16 % und Apixaban bei 6 % der Patienten.
NOAK: Gute Adhärenz nur bei knapp 50 %
Der mediane Follow-up-Zeitraum betrug 1,1 Jahre. Innerhalb dieses Zeitraums zeigten bei Behandlung mit NOAK 47,5 % der Patienten eine gute Adhärenz, definiert als Einnahme der Behandlung gemäß Beipackzettel an mindestens acht von zehn Tagen. Das war zwar signifikant besser als bei Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten. Hier lag die Quote bei 40,2 % (p < 0,001). Insgesamt ist die Adhärenz damit aber auch bei den NOAK enttäuschend niedrig.
Die untersuchte Patientenkohorte war auch groß genug, um Daten über die medizinischen Folgen einer suboptimalen Adhärenz bei oraler Antikoagulation liefern zu können. Besonders problematisch war eine schlechte Adhärenz erwartungsgemäß bei Patienten mit hohem Risiko, konkret einem CHA2DS2-VASc-Score von vier oder darüber.
Mangelhafte Adhärenz wird bestraft
Patienten aus dieser Gruppe, die im Follow-up-Zeitraum in Summe mehr als einen Monat lang ihre Medikamente nicht richtig einnahmen, hatten ein mindestens doppelt so hohes Schlaganfallrisiko wie jene, die nur an weniger als sieben Tagen schluderten. Dabei stieg das Schlaganfallrisiko mit dem Ausmaß der Non-Compliance an.
Bei Patienten mit etwas niedrigerem Risiko (CHA2DS2-VASc-Score 2 oder 3) war das Schlaganfallrisiko dagegen erst dann signifikant erhöht, wenn sie aufsummiert mehr als sechs Monate ihre Medikamente nicht vorschriftsmäßig einnahmen.
Insgesamt bestätigt die Studie damit, dass die Adhärenz bei antikoagulierten Patienten mit Vorhofflimmern für die Prognose im Zweifel wichtiger ist als die Art der Antikoagulation.
Literatur
Yao X et al. Effect of Adherence to Oral Anticoagulants on Risk of Stroke and Major Bleeding Among Patients With Atrial Fibrillation. J Am Heart Assoc. 2016 Feb 23. doi: 10.1161/JAHA.115.003074