Vorhofflimmern bei Herzinsuffizienz: Katheterablation toppt Medikamente
Tritt Vorhofflimmern bei Herzinsuffizienz auf, ist therapeutisch eine Strategie der Rhythmuskontrolle durch Katheterablation wesentlich vorteilhafter als eine medikamentöse Behandlungsstrategie. Dafür sprechen Ergebnisse einer neuen Metaanalyse von Daten randomisierter Studien.
Ein dauerhafter Sinusrhythmus lässt sich durch interventionelle Katheterablation wesentlich besser aufrechterhalten als durch eine medikamentöse Therapie mit Antiarrhythmika. Die effektivere Rhythmuskontrolle spiegelt sich klinisch nicht nur in einer besseren Lebensqualität wider. Zumindest bei Patienten mit Vorhofflimmern und koexistierender Herzinsuffizienz werden zudem Mortalität und Klinikaufenthalte durch die katheterbasierte Verödungstherapie im Vergleich zu einer medikamentösen Behandlungsstrategie substanziell reduziert.
Das belegen Ergebnisse einer in der aktuellen Ausgabe des „European Heart Journal“ publizierten Metaanalyse, an der drei am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt am Main tätige Kardiologen, Erstautor Dr. Shaojie Chen sowie PD Dr. Boris Schmidt und PD Dr. K.R. Julian Chun, federführend beteiligt waren.
Daten aus elf randomisierten Studien gepoolt
Die Metaanalyse ihres Forscherteams stützt sich auf Daten aus 11 randomisierten Studien mit insgesamt 3.598 Patienten, die alle Vorhofflimmern in Koexistenz mit einer bestehenden Herzinsuffizienz aufwiesen. Bei der Analyse der gepoolten Daten wurden die Patienten je nach Art der Behandlung in zwei Untergruppen stratifiziert:
- Subgruppe A: Vergleich von Antiarrhythmika zur Rhythmuskontrolle versus medikamentöse Frequenzkontrolle (vier Studien, n = 2.486)
- Subgruppe B: Vergleich von Katheterablation zur Rhythmuskontrolle versus medikamentöse Therapie (sieben Studien, n = 1.112).
Im Fokus des Interesses der Untersucher stand der klinische Verlauf in Bezug auf Gesamtmortalität, Rehospitalisierungen, Schlaganfälle und thromboembolische Ereignisse in beiden Untergruppen. Das sind die Ergebnisse:
- Im Vergleich zur Strategie der Frequenzkontrolle war die auf Rhythmuskontrolle zielende Behandlung mit Antiarrhythmika mit einer nahezu gleichen Gesamtmortalität (Odds Ratio [OR]: 0,96, p = 0,65) und einer signifikant um 25% höheren Rate an Rehospitalisierungen (OR: 1,25, p = 0,01) assoziiert, bei annähernd gleicher Rate für Schlaganfälle und Thromboembolien (OR: 0,91, p = 0,76).
- Im Vergleich zur medikamentösen Therapie war die Katheterablation mit einer signifikant um 49% niedrigeren Gesamtmortalität (OR: 0,51, p = 0,0003) und einer signifikant um 56% niedrigeren Rate an Rehospitalisierungen (OR: 0,44, p = 0,003) assoziiert. Der Unterschied bezüglich Schlagabfälle war nicht signifikant (OR: 0,59, p = 0,27),
- Als weitere Vorteile der Katheterablation zeigt die Metaanalyse eine signifikant stärkere Verbesserung der linksventrikulären Auswurffraktion (gewichteter mittlerer Unterschied: 6,8%, p = 0,0004), eine signifikant niedrigere Rate an Arrhythmie-Rezidiven (29,6% vs. 80,1%, OR: 0,04, p < 0,00001) und eine signifikant stärkere Verbesserung der Lebensqualität.
Die aktuelle Metaanalyse ist nicht die erste ihrer Art. Mittlerweile gibt es sogar ungewöhnlich viele Metaanalysen zur Frage des Nutzens der Katheterablation bei Vorhofflimmern im Kontext einer Herzinsuffizienz (Ein Beispiel finden Sie hier). Besonderheit der von Chen und Kollegen publizierten Auswertung ist, dass in den dabei zugrunde liegenden Datenpool erstmals auch die Daten der Patienten-Subgruppe mit Herzinsuffizienz (n=373) aus der CABANA-Studie eingegangen sind.
In der maßgeblichen Intention-to-Treat-Analyse der CABANA-Studie, an der mehrheitlich Patienten mit Vorhofflimmern und normaler linksventrikulärer Funktion beteiligt waren, konnte bekanntlich keine signifikante Reduktion von Mortalität, Schlaganfällen und schweren Blutungen durch eine Katheterablation im Vergleich zu einer auf Rhythmuserhalt zielenden medikamentösen Therapie nachgewiesen werden. In der Subgruppe mit manifester Herzinsuffizienz war die Ablationstherapie dagegen mit einer relativen Risikoreduktion für den primären Endpunkt um knapp 40% assoziiert, die jedoch – wohl wegen zu kleiner Stichprobengröße – nicht signifikant war.
Bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz ohne Vorteil?
Noch nicht berücksichtigt sind in der aktuellen Metaanalyse die Ergebnisse der Ende 2019 publizierten und überwiegend an deutschen Herzzentren durchgeführte AMICA-Studie. In der mit 140 Teilnehmern relativ kleinen Studie konnte kein günstiger Einfluss einer Katheterablation auf Pumpfunktion, Belastbarkeit, Lebensqualität und Biomarker wie NT-pro-BNP nachgewiesen werden.
Grund könnte sein, dass die Studienteilnehmer zumeist sehr krank waren und sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadien der Herzinsuffizienz befanden. Dies deckt sich mit einer Subgruppenanalyse der CASTLE-AF-Studie, die bei Patienten mit sehr niedriger linksventrikulärer Auswurffraktion eine tendenziell höhere Mortalität nach abladierenden Kathetereingriffen offenbarte.
Bedarf an noch mehr Studiendaten
Trotz der um die CABANA-Subgruppe erweiterten Datenbasis ist auch die von Chen und Kollegen vorgelegte Metaanalyse zum Nutzen der Katheterablation hinsichtlich der Zahl der Studienteilnehmer und klinischen Ereignisse immer noch relativ klein. Experten halten daher weitere Studiendaten für wünschenswert, um den prognostischen Nutzen der Katheterablation bei der häufigen Konstellation aus Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz überzeugend zu belegen.
In den 2019 aktualisierten Vorhofflimmern-Leitlinien der kardiologischen US-Fachgesellschaften ACC, AHA und HRS wird die Katheterablation derzeit nur mit einer zurückhaltenden Klasse-IIb-Empfehlung bedacht.
Doch das könnte sich ändern. Ende August 2020 werden beim virtuellen ESC-Kongress präsentierte Ergebnisse der EAST-AFNET-4-Studie vorliegen. In dieser Studie ist bei knapp 2.800 geprüft worden, ob eine bei Vorhofflimmern früh eingeleitete und umfassende rhythmuserhaltende Behandlungsstrategie einschließlich Katheterablation den Sinusrhythmus effektiver erhält als eine konventionelle Therapie und so in eine Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen mündet. Wie schon bei CABANA sind auch für die EAST-AFNET-4-Studie nicht primär Patienten mit Vorhofflimmern und koexistierender Herzinsuffizienz ausgewählt worden. Ein Blick in die Subgruppe der Teilnehmer mit vorbestehender Herzschwäche dürfte aber aufschlussreich sein.
Vermutlich werden auch die Ergebnisse der RAFT-AF-Studie, an der rund 400 Patienten beteiligt sind, nicht mehr lange auf sich warten lassen. Laut Planung soll sie noch in diesem Jahr beendet werden.
Literatur
Chen S. et al.: Rhythm control for patients with atrial fibrillation complicated with heart failure in the contemporary era of catheter ablation: a stratified pooled analysis of randomized data. European Heart Journal (2020) 41, 2863–2873.