Rivaroxaban/ASS-Kombi in der Prävention bei PAVK wirksamer als ASS allein
Erfolg mit antithrombotischer Kombi-Therapie: Patienten mit PAVK, die nach Revaskularisation peripherer Arterien mit Rivaroxaban plus ASS behandelt wurden, waren gegen PAVK-bezogene und kardiovaskuläre Ereignisse deutlich besser geschützt als durch ASS allein.
Die Gefäßschädigung durch Atherosklerose ist nicht nur auf eine arterielle Strombahn beschränkt. So unterliegen etwa Patienten mit PAVK einem erhöhten Risiko für periphere, aber auch für koronare und/oder zerebrovaskuläre Komplikationen.
Für einen umfassenderen Schutz von PAVK-Patienten vor vaskulären Komplikationen nicht nur in den unteren Extremitäten scheint eine antithrombotische Kombination aus Antikoagulation und Thrombozytenhemmung gut geeignet zu sein. Dafür sprechen Ergebnisse der VOYAGER-PAD-Studie, die jetzt beim „virtuellen“, also digital präsentierten Herzkongress des American College of Cardiology (ACC) vorgestellt und simultan im „New England Journal of Medicine“ publiziert worden ist.
Signifikante Reduktion um 15% beim primären Endpunkt
Demnach waren von einem dem primären Studienendpunkt zugerechneten peripheren oder kardiovaskulären Ereignis (akute Gliedmaßen-Ischämie, vaskulär bedingte Amputationen, Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall und kardiovaskulär verursachter Tod) im Studienverlauf 508 (Rivaroxaban) versus 584 Patienten (Placebo) betroffen. Nach drei Jahren war die Rate für diese Ereignisse im Rivaroxaban/ASS-Arm signifikant um etwa 15% niedriger als im Placebo/ASS-Arm (17,3% vs. 19,9%; Hazard Ratio 0,85, 95% Konfidenzintervall 0,76 – 0,96; p=0,009).
Auch bei in hierarchischer Form vorgenommenen statistischen Tests für die ersten fünf sekundären Studienendpunkte waren die entsprechenden Ereignisraten in der Rivaroxaban-Gruppe jeweils signifikant niedriger als in der Placebo/ASS-Gruppe. Diese sekundären Endpunkte waren definiert als unterschiedliche Kombinationen klinischer Ereignisse, die außer primären Endpunktereignissen noch andere klinische Komplikationen wie ungeplante Revaskularisationen peripherer Gefäße umfassten. Beispielsweise wurde die Rate für Klinikeinweisungen wegen koronarer oder peripherer thrombotischer Ereignisse durch Rivaroxaban relativ um 28% reduziert (8,7% vs. 12,1%, HR 0,72; 95% KI 0,62 – 0,85; p=0,0001).
Im Hinblick auf die Gesamtsterberate bestand kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Studienarmen (11,1% vs. 10,9%: HR 1,08, 95% KI 0,92 – 1,27, p=0,3360).
An der VOYAGER-PAD-Studie waren 6.564 Patienten beteiligt, die wegen gesicherter symptomatischer PAVK kurz zuvor einer chirurgischen oder endovaskulären Revaskularisation peripherer Arterien unterzogen worden waren. Nach Zufallszuteilung zu zwei Gruppen wurden sie entweder mit Rivaroxaban in niedriger (vaskulärer) Dosierung (2 × 2,5 mg/Tag) oder Placebo additiv zu ASS behandelt. Die Follow-up-Dauer betrug im Median 28 Monate.
Zwar mehr Blutungen in der Rivaroxaban-Gruppe ...
Im Blickpunkt stand außer der Wirksamkeit selbstverständlich auch die Sicherheit der antithrombotischen Rivaroxaban/ASS-Kombination. Primärer Sicherheitsendpunkt waren schwerwiegende Blutungen gemäß TIMI-Klassifikation (TIMI major). Hier wurde zwar eine numerische Zunahme im Rivaroxaban-Arm beobachtet, die aber statistisch nicht signifikant war (2,7% vs. 1,9%; HR 1,43 95% KI 0,98 – 2,10, p=0,0695). Erfolgte die Definition schwerer Blutungen gemäß der ISTH-Klassifikation (ISTH major als sekundärer Endpunkt), unterschieden sich Rivaroxaban- und Placebo-Gruppe signifikant (5,9% vs. 4,1%; 95% HR 1,42, KI 1,10 – 1,84, p=0,0968). Bezüglich intrakranieller oder tödlich verlaufener Blutungen gab es hingegen keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen.
... aber in der Bilanz ein günstiges Nutzen/Risiko-Profil
Trotz der nicht unerwarteten Zunahme von Blutungen attestierte Studienleiter Dr. Marc P. Bonaca von der University of Colorado School of Medicine, Aurora (Colorado) der antithrombotischen Rivaroxaban/ASS-Therapie bei PAVK-Patienten ein sehr positives Nutzen/Risiko-Profil. Aus den VOYAGER-PAD-Daten lasse sich errechnen, dass im Fall einer additiven Therapie mit Rivaroxaban pro 10.000 behandelte Patienten pro Behandlungsjahr insgesamt 181 PAVK-bezogene und kardiovaskuläre Ereignisse weniger zu verzeichnen wären als bei ASS-Monotherapie. Den größten Anteil daran hätten akute Extremitäten-Ischämien mit 110 verhinderten Ereignissen.
Dem stünden 29 Blutungsereignisse (TIMI major) als Preis für den präventiven Nutzen gegenüber. Die Zahl verhinderter vaskulärer Ereignisse übersteige damit die Zahl der zu erwartenden Blutungen in etwa um das Sechsfache, betonte Bonaca.
VOYAGER-PAD auf Hochrisiko-Patienten fokussiert
VOYAGER-PAD trägt nach seiner Ansicht wesentlich zur noch genaueren Klärung der Frage bei, welche PAVK-Patienten von der Behandlung mit Rivaroxaban profitieren. Das in dieser Studie geprüfte Rivaroxaban/ASS-Regime hat sich bekanntlich schon in der PAVK-Subgruppe der großen COMPASS-Studie als klinisch wirksam erwiesen. Das Kollektiv dieser Studie repräsentiert allerdings eher die Gruppe der Patienten mit „polyvaskulärer“ Gefäßschädigung und einem hohen Anteil an Koronarerkrankung.
Im Unterschied zu COMPASS sind für VOYAGER-PAD gezielt Hochrisiko-Patienten mit PAVK und bereits erfolgter Revaskularisation verengter oder verschlossenen peripherer Arterien selektiert worden. Bei diesem Kollektiv dominierten klar die peripheren Gefäßproblemen, eine KHK bestand nur bei knapp einem Drittel der Teilnehmer. Deshalb überrascht auch nicht, dass die Reduktion von akuten Extremitäten-Ischämien durch Rivaroxaban die wesentlich Triebkraft für den gezeigten Unterschied beim primären Studienendpunkt war.
Literatur
Rivaroxaban For Prevention Of Cardiovascular And Limb Events After Lower Extremity Revascularization: Primary Results Of The Voyager Pad Randomized Trial. Vorgestellt in der Sitzung „Late-Breaking Clinical Trials 1“ beim digital präsentierten ACC-Kongress 2020 (ACC2020/WCC Virtual Experience)
Bonaca P.M. et al.: Rivaroxaban in Peripheral Arterial Disease. N Engl J Med 2020, online 28. März