Herzinsuffizienz: Personalisierte Pop-ups verbessern Leitlinientreue – etwas
Eine zu 100 Prozent leitliniengerechte Herzinsuffizienztherapie ist eher die Ausnahme. Die bei der ACC-Tagung vorgestellte PROMPT-HF-Studie hatte mit einem digitalen Erinnerungs-Tool einen gewissen Erfolg.
An der PROMPT-HF Studie nahmen 100 ambulante kardiologische Versorger mit insgesamt 1.310 Herzinsuffizienzpatienten teil. Teilnahmevoraussetzung war eine EF von 40 % oder weniger, außerdem durften in der Medikationsliste der teilnehmenden Patientinnen und Patienten nicht alle vier von den Leitlinien bei der Herzinsuffizienz empfohlenen Medikationsklassen enthalten sein. Den Studieninitiatoren um Dr. Tariq Ahmad von der Yale Universität ging es um die Frage, wie es gelingen kann, die leitliniengemäße Versorgung von Herzinsuffizienzpatienten mit Betablockern, Renin-Angiotensin-System (RAS)-Hemmstoffen, Mineralokortikoid-Antagonisten (MRA) und SGLT2-Hemmern zu verbessern.
Konkrete Erinnerungs-Pop-ups während der Verordnungsdokumentation
Konkret wurde untersucht, ob eine patientenspezifische, relativ konkrete Pop-up-Erinnerung während der Verordnungsdokumentation die Leitlinientreue bezüglich der genannten vier Medikamentenklassen verbessern kann. Die werden in den USA genauso suboptimal verordnet wie das in Deutschland der Fall ist: Zu Studienbeginn nahmen 84% der Patienten Betablocker, 71% RAS-Hemmstoffe, 29% MRA und 11% SGLT2-Hemmer.
Ahmad stellte die Ergebnisse seiner Studie bei der ACC-Tagung in Washington vor. 1.310 ambulante Patienten mit HFrEF nahmen teil, im Median waren sie 72 Jahre alt. Die Randomisierung erfolgte geclustert auf Basis der versorgenden Einrichtungen. Dort war überall eine bestimmte IT-Lösung im Einsatz, das in den USA sehr beliebte EPIC-System. In der Untersuchungsgruppe wurden die Pop-up-Fenster im EPIC-System zur Verfügung gestellt, in den Praxen in der Kontrollgruppe nicht.
14 Alarmierungen
Das funktionierte, wie Ahmad berichtete: Den primären Endpunkt, eine Verbesserung im Anteil der Patienten, die alle vier Medikationsklassen erhalten, erreichten 26% der Patienten im Interventionsarm, aber nur 19% im Kontrollarm. Das war statistisch signifikant (RR: 1,41; 95%-KI: 1,03–1,93; p=0,03). Umgerechnet musste die Software bei 14 Patienten alarmieren, um den jeweiligen Arzt dazu bewegen, bei einem die Therapie wie vorgeschlagen zu erweitern.
Auf den ersten Blick wirkt das nicht umwerfend effektiv: Von durchgehender Leitlinientreue ist man damit immer noch weit entfernt, und die NNT von 14 bezieht sich ja auch nicht auf klinische Endpunkte. Andererseits erinnerte Ahmad daran, dass es sich bisher als schwierig erwiesen hat, die Medikation bei Herzinsuffizienz mit Hilfe von IT-Tools zu verbessern. Den beiden randomisierten Studien CONNECT-HF und PACT-HF war das in den Jahren 2021 bzw. 2019 nicht gelungen.
Der Vorteil: Alle relevanten Informationen auf einen Blick
Angesichts dessen stellt sich die Frage, was PROMPT-HF besser gemacht hat. Viel dürfte mit der Art der Pop-up-Intervention zusammenhängen, die nicht nur in Echtzeit am „Point-of-Care“ eingespielt wurde, sondern auch individuelle Patientenfaktoren beinhaltete, ohne dabei direktiv zu sein. Angezeigt wurde der Alert bei Patienten, bei denen eine oder mehrere Medikamentenklassen nicht in der Medikationsliste waren und bei denen es keine durch die IT erkennbaren Kontraindikationen gab. Es wurden dann immer alle vier Medikamentenklassen gezeigt. Was fehlte, war rot hinterlegt, bei den Klassen, die eingesetzt wurden, wurde das individuelle Medikament angezeigt, zusätzlich individuell LVEF, Herzfrequenz, Blutdruck, Kalium und Kreatinin, kurz: Es gab mehr oder weniger alle relevanten Informationen auf einen Blick, dazu Links auf Dokumente, die die Evidenz für die „Vierfachtherapie“ darlegten. Entwickelt wurde das ganze mit Hilfe von Fokusgruppen und Praxistests, um so nah wie möglich an den Bedürfnissen der Verordner zu sein.
Zustimmung unter Verordnern war hoch
So aufwändig die Entwicklung, so simpel sei am Ende die technische Umsetzung gewesen, betonte Ahmad. Wenn eine elektronische Akte vorhanden ist, die die genannten Informationen digital zur Verfügung stellen kann, dann sei die Hinzunahme des Pop-ups technisch völlig unkompliziert. Möglicherweise wird mit dem gewählten, stark personalisierten Ansatz auch einer gewissen „Alert Fatigue“ entgegengewirkt. Zwar wurde der Alert in der PROMPT-HF Studie dem gewählten Kollektiv entsprechend bei 75% der Patienten angezeigt. Da es aber mehr wie eine abschließende Übersichtsseite wirkte als wie eine oberlehrerhafte Erinnerung an die Hausaufgaben, war die Akzeptanz bei den Verordnern dennoch hoch: Acht von zehn sagten, dass sie die Pop-ups gut fanden.
Literatur
Ghazi L et al. Electronic Alerts to Improve Heart Failure Therapy in Outpatient Practice: A Cluster Randomized Trial. J Am Coll Cardiol 2022; doi: 10.1016/j.jacc.2022.03.338
Ahmad T. PROMPT-HF: A Cluster-Randomized PRagmatic Trial Aimed at ImprOving Use of Guideline Directed Medical Therapy in OutPatienTs With Heart Failure. Joint American College of Cardiology/New England Journal of Medicine Late-Breaking Clinical Trials. American College of Cardiology 2022 Scientific Session, 3. April in Washington