Vorhofflimmern: Wearables können Screening-Kandidaten identifizieren
Auch für Fitbit Wearables gibt es jetzt eine Vorhofflimmern-Studie. Ein neuer Algorithmus kann dabei helfen, ein geeignetes Screeningkollektiv für eine EKG-Messung zu identifizieren.
Die beiden Smartwatch-Hersteller Apple und Huawei haben jeweils in großen Studien gezeigt, dass ihre Uhren in der Lage sind, Menschen mit nicht diagnostiziertem Vorhofflimmern zu identifizieren. Dass Ähnliches auch mit unterschiedlichen Puls-Wearables geht, die bei Sportlern beliebt sind, zeigt jetzt die bei der virtuellen AHA-Tagung vorgestellte Fitbit Heart Study.
Studien-Durchführung auf Distanz
So wie bei den beiden Geschwisterstudien handelte es sich um eine komplett auf Distanz mit Selbstrekrutierung durchgeführte Studie, an der in diesem Fall (unter Corona-Bedingungen) gut 455.000 Freiwillige teilnahmen. Das waren nochmal deutlich mehr als bei der Apple Heart-Studie. Bei den Patienten sollte kein Vorhofflimmern bekannt sein, und wer orale Antikoagulanzien nahm oder einen Schrittmacher oder Defibrillator trug, wurde ausgeschlossen. Das alles beruhte auf Selbstauskunft.
Wearable stellt nur eine Verdachtsdiagnose
Die Fitbit Wearables arbeiten mit photoplethysmografischer Pulsmessung, also nicht mit elektrischer EKG-Messung. Entsprechend kann die Vorhofflimmern-Diagnose nicht abschließend gestellt werden, es kann nur eine Verdachtsdiagnose ausgesprochen werden. Dazu hat Fitbit einen neuen Algorithmus entwickelt, der bisher noch nicht in den Wearables zum Einsatz kommt, der jetzt aber bei der FDA zur Zulassung eingereicht wurde.
Der Algorithmus erfordere, dass das Wearable insgesamt 30 Minuten an irregulärem Herzrhythmus aufzeichne, sagte Dr. Steven Lubitz vom Massachusetts General Hospital in Boston. Diese Aufzeichnung funktioniere nur in Ruhe, nicht unter Belastung. Der Algorithmus arbeitet also nicht, wenn der Träger gerade Sport macht, er erkennt das mithilfe des Akzelerometers in den Wearables. So werden nicht zuletzt Fehlalarme verhindert. Der Vorhofflimmern-Alarm wird ausgelöst, wenn der Algorithmus in insgesamt elf sogenannten Tachogrammen, also Pulsrhythmusstreifen in Ruhe, ein Vorhofflimmern erkannt zu haben meint.
In der Fitbit Heart-Studie war das in einem Zeitraum von 5 Monaten bei 4.728 Personen der Fall, also bei rund einem Prozent der Studienteilnehmern. Wie bei solchen auf Distanz durchgeführten Studien typisch, fielen von den identifizierten Personen viele weg, weil sie die Einladung zu einer telemedizinischen Konsultation nicht wahrnahmen. Am Ende wurde an 1.409 Studienteilnehmer mit Vorhofflimmern-Alarm ein EKG-Pflaster zur Bestätigung des Befunds geschickt, und 1.162 dieser Pflaster kamen auch wieder zurück und konnten ausgewertet werden. 32% der Patienten hatten im EKG am Ende tatsächlich Vorhofflimmern.
"Hohe Trefferquote" bei ausgewählter Population
Die Studie zeige demnach, dass sich durch den Fitbit-Algorithmus eine Population für ein EKG-Screening zusammenstellen lasse, bei der die „Trefferquote“ sehr hoch sei, betonte Lubitz. Bei denen, bei denen der Fitbit-Algorithmus unter EKG-Monitoring ein weiteres Mal alarmierte, war die Trefferquote nochmal sehr viel besser. In diesen Fällen war fast jeder Herzrhythmus-Alarm ein echtes Vorhofflimmern: Spezifität und positiv-prädiktiver Wert lagen jeweils bei 98%, und das war unabhängig von Geschlecht und Alter.
Die Gretchenfrage bleibt auch hier
Die Gretchenfrage bei der Fitbit Heart-Studie ist natürlich die gleiche wie bei den großen Screening-Studien mit Smartwatches: Übersetzt sich die höhere Diagnoserate auch in besseres Outcome? Ist der Nutzen einer Antikoagulation bei den durch Screening – und nicht anhand von Symptomen – identifizierten Patienten so hoch, dass er statistisch nachweisbar wird? Diese Frage ist weiterhin nicht abschließend geklärt. Ein anderer offener Punkt ist die Frage, in welchem Umfang Personen mit aktivitätsgetriggertem Vorhofflimmern von den Wearable-Algorithmen mit ihren Ruhemessungen übersehen werden.
Literatur
Lubitz SA: Detection of atrial fibrillation in a large population using wearable devices: the Fitbit Heart Study; Session Late Breaking Science 4; AHA Congress, 13.-15. November 2021