Schwere PAVK: Ist Bypass-OP hier vorteilhafter als endovaskuläre Therapie?
Ohne Revaskularisation droht PAVK-Patienten mit kritischer Extremitätenischämie die Amputation. Welches Verfahren – chirurgischer Bypass oder endovaskuläre Therapie – ist dann die beste Wahl? Die randomisierte BEST-CLI-Studie liefert dazu jetzt evidenzbasierte Entscheidungshilfe.
Bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie (critical limb ischemia, CLI) als schwerwiegende Form der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) fehlten bisher qualitativ hochwertige Studien, die bei der Entscheidung über die Revaskularisationsmethode wissenschaftlich fundierte Hilfe geben könnten. Jetzt gibt es mit BEST-CLI erstmals eine große randomisierte Studie, in der beide Methoden bei Patientinnen und Patienten mit CLI, die sowohl für eine chirurgische als auch katheterbasierte endovaskuläre Revaskularisation infrage kamen, direkt miteinander verglichen worden sind.
Unterschied bei Patienten mit und ohne vorhandenem autologen Venenmaterial
Dr. Alik Farber vom Boston Medical Center hat die Ergebnisse der BEST-CLI-Studie beim AHA-Kongress 2022 in Chicago vorgestellt. Danach scheint die chirurgische Revaskularisation zumindest bei Patientinnen und Patienten mit CLI, bei denen autologes Venenmaterial der Vena saphena magna für eine Bypassanlage vorhanden ist, klinisch von Vorteil im Vergleich zur endovaskulären Therapie zu sein.
Bei Patienten ohne entsprechendes Venenmaterial, bei denen alternative Techniken der Bypassanlage etwa mit synthetischem Material zu Einsatz kommen mussten, zeigten chirurgische und endovaskuläre Revaskularisation äquivalente klinische Ergebnisse. Auch in puncto Lebensqualität bestand kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Methoden.
In die BEST-CLI-Studie waren an 150 Zentren (davon 133 in den USA, nur zwei in Europa) insgesamt 1.830 Patientinnen und Patienten mit chronischer kritischer Extremitätenischämie (mittleres Alter 67 Jahre, 28,5% Frauen) aufgenommen worden. Bei 1.434 Teilnehmern war ein als Bypass-Conduit geeignetes Segment der Vena saphena magna vorhanden (Kohorte 1). Davon waren 718 einer chirurgischen 716 einer endovaskulären Therapie unterzogen worden.
Bei 396 Patienten war kein autologes Venenmaterial für die chirurgische Bypassanlage vorhanden (Kohorte 2). Davon waren 197 einen chirurgischen Revaskularisation (mit alternativen Techniken wie synthetischer Gefäßprothese) und 199 einer endovaskulären Therapie zugeteilt worden.
Risikoreduktion um 32% beim primären Endpunkt durch Bypass-OP
Ereignisse des primären Studienendpunkts waren schwere Komplikationen an den unteren Extremitäten (Amputation oberhalb des Fußknöchels oder Reintervention wie erneute Bypassanalyse, Transplantatrevision, Thrombektomie oder Thrombolyse) sowie Tod jeglicher Ursache. Folgende Ergebnisse wurden bezüglich der Inzidenz dieser Ereignisse erzielt:
- Bei Patienten mit geeignetem Venenmaterial (Kohorte 1) betrug die Inzidenzrate für den primären Endpunkt in der Nachbeobachtung (medianes Follow-up 2,7 Jahre) 42,6% in der gefäßchirurgisch behandelten Gruppe und 57,4% in der Gruppe mit endovaskulärer Therapie. Der Unterschied entspricht einer signifikanten relativen Risikoreduktion um 32% durch chirurgische Revaskularisation (p<0,001).
- Ausschlaggebend für den Unterschied beim primären Endpunkt war die relativ um 65% niedrigere Inzidenz von Reinterventionen (major interventions) in der Chirurgie-Gruppe (9,2% vs. 23,5%). Auch das Risiko für Amputationen oberhalb des Knöchels war in dieser Gruppe relativ um 23% niedriger als in der endovaskulär behandelten Gruppe (10,4% vs. 14,9%). Die Raten für die Gesamtmortalität waren mit 33,0% versus 37,6% nicht signifikant unterschiedlich.
- Bei Patienten, bei denen kein Saphena-magna-Segment als Bypass-Conduit nutzbar war (Kohorte 2), waren die Inzidenzraten für den primären Endpunkt mit 42,8% (chirurgische Therapie) und 47,7% (endovaskuläre Therapie) im Follow-up (im Median 1,6 Jahre) nicht signifikant unterschiedlich (p=0,12).
Lebensqualität unabhängig von der Revaskularisationsmethode verbessert
In einer ebenfalls beim AHA-Kongress vorgestellten BEST-CLI-Analyse ist speziell die Lebensqualität der Patienten unter Aspekten wie Schmerz, Alltagsaktivität und Ausmaß an körperlicher Bewegung in beiden Behandlungsgruppen untersucht worden. Im Ergebnis zeigte sich die Lebensqualität unabhängig von der jeweiligen Methode des Revaskularisation in beiden Gruppen verbessert.
Literatur
Farber A.: Best Endovascular versus Best Surgical Therapy for Patients With Chronic Limb Threatening Ischemia (BEST-CLI) Trial: Clinical Results.
Menard M.T.: Best Endovascular versus Best Surgical Therapy for Patients With Chronic Limb Threatening Ischemia (BEST-CLI) Trial: Quality of Life Analyses.
Late Breaking Science VII; AHA Kongress 2022, 5. – 7. November 2022, Chicago
Farber A. et al Surgery or Endovascular Therapy for Chronic Limb-Threatening Ischemia. N Engl J Med 2022; doi: 10.1056/NEJMoa2207899.