Bypass-Chirurgie: Radiale Arterien punkten
Neue Studie zum Thema Graft-Auswahl in der Bypass-Chirurgie: In den randomisierten RAPCO-Studien war der Radialis-Bypass sowohl der rechten internen Mammaria-Arterie als auch dem Venenbypass überlegen.
Je komplexer die koronare Bypasschirurgie, desto schwieriger wird die Auswahl der Gefäße für die Bypässe. Während der Bypass mit der linken A. mammaria interna (LIMA) zur Revaskularisation des Ramus interventrikularis anterior (RIVA) wegen sehr guter Langzeitergebnisse gesetzt ist, gibt es im Bereich der RCA bzw. des Ramus circumflexus unterschiedliche Strategien: Saphenus-Venenbypässe (ACVB) stehen neben anderen arteriellen Bypässen, in erster Linie rechte A. mammaria interna (RIMA) und A. radiales.
Bypässe in komplexeren Situationen
Neue, sehr langjährige Daten liefert jetzt die von Prof. David Hare von der Kardiologie der Universität Melbourne bei der Jahrestagung der AHA vorgestellte RAPCO-Studie. Genauer müsste man von den zwei RAPCO-Studien reden, denn es war ein zweiteiliges Studienprojekt. In der RAPCO-RITA Studie wurden 394 eher etwas jüngere Patienten und Patientinnen – im Mittel 59 Jahre – randomisiert zu entweder Radialis-Bypass oder freier RITA-Bypass. In der RAPCO-SV Studie dagegen nahmen 225 Patienten im mittleren Alter von 73 Jahren teil, die entweder einen Radialis-Bypass oder einen ACVB-Bypass erhielten. Der Follow-up Zeitraum beträgt im Mittel 15 Jahre, wobei einige Patienten mit einem Follow-up-Zeitraum von über 25 Jahren eingingen.
Niedrigere Gesamtsterblichkeit bei Einsatz eines Radialis-Grafts
Primärer Endpunkt der ursprünglichen RAPCO-Studien war Durchgängigkeit der Bypässe, dafür waren die Studien statistisch gepowert. Sekundär wurden weitere Endpunkte definiert, darunter ein kombinierter Endpunkt von schweren kardiovaskulären Ereignissen (MACE), konkret Gesamtmortalität plus akuter Myokardinfarkt plus Revaskularisationen. In der RAPCO-RITA Analyse betrug die MACE-Rate nach im Mittel 15 Jahren 39,4% bei Einsatz eines A. radialis-Grafts, aber 48,5% bei Einsatz eines RITA-Grafts. Das war statistisch signifikant (HR: 0,74; 95%-KI: 0,55–0,97), und der Treiber für diesen Unterschied war die niedrigere Gesamtmortalität, die in der Radialis-Gruppe 22,2% und in der RITA-Gruppe 30,1% betrug.
In der RAPCO-SV-Studie sah es – auf wegen des hohen Alters der Teilnehmenden insgesamt höherem Niveau – ähnlich aus: Den kombinierten MACE-Endpunkt erreichten 60,2% der Patienten in der Radialis-Gruppe, aber 73,2% in der ACVB-Gruppe. Auch das war signifikant (HR: 0,71; 95%-KI: 0,52–0,98), und auch das war getrieben von einer geringeren Gesamtsterblichkeit von 52,2% versus 63,4%. Bei Infarkt oder Revaskularisationen gab es keine Unterschiede, und auch auf Subgruppenebene fanden sich keine Ausreißer.
Was folgt daraus für die Praxis?
Die Frage, die in Chicago intensiv diskutiert wurde, war, inwieweit diese Ergebnisse auf andere Kontexte übertragbar sind. Die Studie war monozentrisch, sie fand an einem Zentrum statt, dass viel Erfahrung mit Radialis-Bypässen und eher weniger Erfahrung mit RIMA-Bypässen hat. Sie war außerdem aufgrund ihrer Größe nicht wirklich gepowert für die harten klinischen Endpunkte. Hare sieht die Ergebnisse dennoch als Aufruf, bei der Bypass-Revaskularisation rechtsseitig zumindest intensiv über Radialis-Bypässe nachzudenken.
Literatur
Hare D. Radial Artery Patency and Clinical Outcomes (RAPCO) Randomized Trials – The 15-Year Clinical Outcomes Comparing Radial Artery with Right Internal Thoracic Artery or With Saphenous Vein Grafting, AHA Kongress 2022, 5. – 7. November 2022, Chicago