Neue Konzepte bei akutem Koronarsyndrom?
Verschiedene perkutante Interventionen (PCI) sind bei STEMI-Patienten auf dem Prüfstand, die Ergebnisse überzeugen nur teilweise.
Das DANAMI 3-Studien-Programm verglich drei Interventionsstrategien bei Patienten mit akutem ST-Hebungs- infarkt (STEMI):
- Vergleich Standard-PCI mit sog. „deferred“, also verzögerter PCI (DANAMI 3-DEFER),
- Vergleich Standard-PCI und PCI mit Post-Konditionierung (DANAMI 3-iPOST) sowie
- Vergleich Mehrgefäßintervention vs. alleinige Culprit Lesion-Intervention bei Mehrgefäß-KHK (DANAMI 3-PRIMULTI).
Bei 1.215 randomisierten Patienten in der DEFER-Studie zeigte sich nach 2 Jahren kein Vorteil für den primären kombinierten Studienendpunkt (Mortalität, Rehospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, Reinfarkt, ungeplante Revaskularisation der Infarktarterie; p = 0,92).
Im „Deferred-Stenting“-Arm sollte mit Thrombektomie und/oder alleiniger Ballondilatation einen TIMI 2- oder 3-Fluss wiederhergestellt und falls notwendig nach ca. 48 h eine erneute invasive Diagnostik mit Stentimplantation vorgenommen werden.
Die Rate erneuter Zielgefäßrevaskularisationen war im „Deferred-Stenting“-Arm höher, sodass vom etablierten und pathophysiologisch sinnvollen Konzept der schnellstmöglichen Wiedereröffnung des Infarktgefäßes mit sofortiger PCI nicht abgewichen werden muss.
Daten vorsichtig interpretieren
In der iPOST-Studie, die bisher nur in Abstract-Form vorgestellt wurde, zeigte sich durch das Postkonditionieren mittels viermaliger 30-sekündiger Ballondilatation im Infarktgefäß nach initial erfolgreicher PCI kein Vorteil für den primären kombinierten Studienendpunkt (Mortalität, Rehospitalisierung wegen Herzinsuffizienz; p = 0,66). In einer Subgruppe mit echokardiografischer LVEF-Bestimmung konnte ein Vorteil für die iPOST-Gruppe dokumentiert werden. Die Daten sind allerdings vorsichtig zu interpretieren, Studie und Auswertung waren nicht verblindet.
Etwa 30–50 % aller STEMI-Patienten ohne kardiogenen Schock haben neben der ursächlichen Läsion noch weitere Koronarstenosen. DANAMI 3-PRIMULTI ist die dritte mittelgroße randomisierte Studie, die das interventionelle Vorgehen der „Culprit Lesion only“ vs. Komplettrevaskularisation bei STEMI-Patienten mit Mehrgefäßerkrankung verglich.
Die Studie unterscheidet sich von der PRAMI-Studie 4 und der CvLPRIT-Studie 5 weil:
- mehr Patienten (n = 627) eingeschlossen wurden,
- zusätzliche Mehrgefäßrevaskularisation nicht nur vom „okulostenotischen“ Reflex abhing (Diameter-Stenose > 90 % oder FFR < 0,80 bei Stenosegrad 50–90 %; CvLPRIT /PRAMI: jede Stenose > 50 %) und
- die zusätzliche Revaskularisation nicht während der Primär-PCI, sondern 2 Tage später, als sog. „Staged“-Revaskularisation erfolgte.
Diese Resultate zeigen analog zu bisherigen Studien, dass die komplette Revaskularisation den kombinierten Endpunkt (Tod, Reinfarkt, erneute Revaskularisation) signifikant reduzieren kann.
Kein Effekt auf harte Endpunkte
Anders als bei der PRAMI-Studie gab es aber keine Effekte auf harte Endpunkte. Die Reduktion des primären Endpunktes war im Wesentlichen durch die Unterschiede bei der erneuten Revaskularisation getrieben.
Letztlich zeigt DANAMI 3-PRIMULTI, dass man erst bei Ischämienachweis in anderen Stenosen intervenieren sollte. Der optimale Zeitpunkt dafür bleibt aber offen.
In der europäischen Multizenter-Studie (CULPRIT-SHOCK) vergleichen wir nun bei 706 Infarktpatienten mit kardiogenem Schock die sofortige Mehrgefäß-PCI mit Culprit Lesion only und möglicher Staged-Revaskularisation. Die Ergebnisse werden 2017 erwartet.