Online-Artikel 08.07.2015

Barrieren für kardiovaskuläre Medizinprodukte kritisiert

Vor einer zu restriktiven Erstattung von Medizinprodukten warnt der Cardiovascular Round Table der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie. Die Experten sehen die Gefahr, dass Unternehmen deswegen ihre Forschung reduzieren.

Der Cardiovascular Round Table (CRT) ist ein von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) etabliertes Forum aus Kardiologen sowie Vertretern der pharmazeutischen Industrie und der Medizintechnikbranche. Das jetzt im European Heart Journal publizierte CRT White Paper kritisiert, dass es in vielen europäischen Ländern aufgrund restriktiver Erstattungssysteme keinen angemessenen Zugang zu kardiovaskulären Medizinprodukten gebe, obwohl die jeweiligen Devices zugelassen und Bestandteil der europäischen Leitlinien seien.

Bremse für die Forschung?

„Die Folge ist, dass sich für die Hersteller der Return-on-Investment verringert und die Unternehmen deswegen ihre Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen bei noch in Entwicklung befindlichen Verfahren reduzieren“, betont ESC-Präsident Professor Fausto Pinto von der Universität Lissabon. Besonders in den Fokus nehmen die Autoren des White Papers die nationalen DRG-Systeme. Sie kritisieren, dass in unterschiedlichen Ländern nach der CE-Zulassung noch diverse Health Technology Assessments (HTA) erfolgen, sodass die Vergabe einer neuen DRG teilweise sechs Jahre und mehr dauere.

Die konkreten Beispiele unterscheiden sich naturgemäß von Land zu Land. Insbesondere erwähnt werden die katheterbasierte Aortenklappenintervention (TAVI) und die Bestimmung der fraktionellen Flussreserve (FFR). Explizit gelobt wird von den Autoren die TAVI-Erstattung in Deutschland mit ihren 33.000 Euro pro Prozedur. Die Tatsache, dass in Deutschland pro Kopf 14 Mal so viele TAVIs durchgeführt würden wie in Portugal sei im Wesentlichen auf Erstattungsunterschiede zurückzuführen. Dem wird niemand widersprechen wollen.

Probleme bei der FFR

Die FFR hingegen hat es in Deutschland schwerer als anderswo. Es habe, ähnlich wie in Großbritannien, 15 Jahre gedauert, bis sie erstattet wurde, so die Autoren. Und immer noch betonen viele Kardiologen in Deutschland, dass sie die FFR vor einer möglichen PTCA gerne häufiger einsetzen würden, dies aber aufgrund von weiterhin bestehenden Erstattungsproblem nicht könnten

Um den Weg von der CE-Zulassung zur Erstattung zu beschleunigen, empfiehlt das White Paper den Aufbau einer Arbeitsgruppe aus Zulassungsbehörden, Fachgesellschaften, Industrieverbänden und Trägern des HTA. Nationale Fachgesellschaften sollen zudem stärker auf die Erstattungsbürokratien einwirken und im Zweifel zumindest Modelle für eine Übergangsfinanzierung entwickeln.

Literatur

Pinto F et al. Barriers to cardiovascular device innovation in Europe. Eur Heart J. 2015 Jul 1. doi: 10.1093/eurheartj/ehv275

European Society of Cardiology. Patient access to cardiovascular devices delayed by bureaucracy; 2. Juli 2015