COVID-19-Impfung ist sicher für herzkranke Menschen
Berichte über Nebenwirkungen von COVID-Impfungen haben Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen zum Teil stark verunsichert. Bedenken wurden laut, dass die Impfung ihrer Herzgesundheit schaden könnte. Doch diese Sorge ist unberechtigt, wie eine aktuelle Studie deutlich macht.
Eine COVID-19-Impfung geht bei Menschen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen mit keinem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen (MACE) einher. Das bestätigt nun eine Fallkontroll-Studie aus Hongkong.
„Unsere Studie macht deutlich, dass eine bestehende kardiovaskuläre Erkrankung Menschen nicht davon abhalten sollte, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen“, erörtert die Studienautorin Dr. Esther W. Chan aus Hongkong die klinischen Implikationen der Ergebnisse in einer ESC-Pressemitteilung.
Berichte über Nebenwirkungen sorgten für Verunsicherung
Immer wieder haben Nachrichten von angeblichen oder tatsächlich existenten Nebenwirkungen von verfügbaren Corona-Impfstoffen für Verunsicherung in der Bevölkerung gesorgt. Angefangen hat es mit Berichten über Sinusvenenthrombosen, die im Zusammenhang mit der AstraZeneca-Vakzine (ChAdOx1) aufgetreten waren. Diese selten vorkommende Komplikation hat sich dann tatsächlich als eine „echte“ Nebenwirkung der Impfung erwiesen. Die nächsten Bedenken kamen auf, als ein gehäuftes Auftreten von Myokarditiden nach mRNA-Impfungen festgestellt wurde. Auch hier hat sich ein Zusammenhang bestätigen lassen, betroffen von dieser ebenfalls seltenen Nebenwirkung sind überwiegend junge Männer.
Gerüchte, dass die Impfung das Herzinfarkt-Risiko erhöht
Neben diesen inzwischen bekannten und anerkannten Nebenwirkungen wurden aber auch diverse zweifelhafte Theorien aufgestellt, die sich bis heute durch Studien nicht belegen ließen. So kamen Bedenken auf, dass die mRNA-Impfung das Herzinfarkt-Risiko erhöhen könnte, angefeuert durch ein fragwürdiges Abstract in Circulation. Die Fachzeitschrift hat zwar auf die Ungereimtheiten reagiert und ein „expression of concern“ veröffentlicht (mehr dazu lesen Sie hier). Trotzdem haben solche Berichte Menschen zum Teil so verunsichert, dass sie sich nicht impfen lassen wollten. Und eine solche Entscheidung kann gerade für herzkranke Patientinnen und Patienten fatale Folge haben, denn für sie stellt eine SARS-CoV-2-Infektion bekanntlich ein beträchtliches Risiko dar.
Zwei Covid-Impfstoffe wurden untersucht
Die Studie von Chan und Kollegen bestätigt nun die kardiovaskuläre Sicherheit der mRNA-Impfung von BioNTech/Pfizer (BNT162b2) auch für Menschen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen. Die Wissenschaftler brachten elektronische Gesundheitsdaten der Hongkong Hospital Authority, die 80% aller Klinikeinweisungen dort erfasst, mit Impfunterlagen des Hongkonger Gesundheitsministeriums in Verbindung. Insgesamt 229.235 in Hongkong lebende Personen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen konnten Chan und ihr Team ausfindig machen; 1.764 von diesen wurden im Untersuchungszeitraum (23.02.2021–31.01.2022) gegen COVID-19 geimpft und hatten während dieser Zeit ein MACE-Ereignis erlitten (dazu zählten Myokardinfarkte, Schlaganfälle, Revaskularisationen und kardiovaskuläre Todesfälle). Als Impfstoffe zur Verfügung standen in Hongkong die mRNA-Vakzine von BioNTech/Pfizer und der Totimpfstoff CoronaVac des chinesischen Herstellers Sinovac.
Keine Risikoerhöhung nach erster und zweiter Impfung
Im Sinne eines selbstkontrollierten Designs schätzten die Wissenschaftler, wie hoch das MACE-Risiko eines Patienten während der kommenden 13 bis 27 Tage nach der Impfung (Exposition) war und verglichen dieses mit dem Risiko, dem der Patient zu anderen Zeitpunkten (Baseline) ausgesetzt war. Diese statistische Analyse ergab keine Risikoerhöhung für die Zeit nach der ersten wie auch nach der zweiten COVID-Impfung, unabhängig davon ob mit BNT162b2 oder mit CoronaVac geimpft wurde (Incidence Rate Ratio, IRR: 0,48 für erste BNT162b2-Dosis bis Tag 13 bzw. 0,40 zwischen Tag 14 und 27; für zweite Dosis: entsprechend 0,87 und 1,13).
Subgruppenanalysen erbrachten konsistente Ergebnisse für Männer wie Frauen, Menschen mit einem Alter über und unter 65 Jahren und differenziert nach den verschiedenen kardiovaskulären Vorerkrankungen (also egal ob PAVK- oder KHK-Patient usw.)
Angesichts der verfügbaren Evidenz appellieren die Autoren um Chan an das Gesundheitspersonal, die kardiovaskuläre Sicherheit der beiden untersuchten COVID-Vakzinen gegenüber ihren Patientinnen und Patienten hervorzuheben. Dadurch könnten potenzielle Bedenken bei kardiovaskuläre vorerkrankten Menschen verringert werden, hoffen die Wissenschaftler.
Literatur
Ye X et al. Association between BNT162b2 or CoronaVac COVID-19 vaccines and major adverse cardiovascular events among individuals with cardiovascular disease. Cardiovasc Res. 2022. doi:10.1093/cvr/cvac068
Pressemitteilung der ESC: COVID vaccines are safe for patients with cardiovascular disease, veröffentlicht am 23. Juni 2022