Nachrichten 30.09.2022

Studie zur Antikoagulation bei subklinischem Vorhofflimmern gestoppt

Die NOAH-AFNET-6-Studie sollte Aufschluss darüber geben, ob sich durch orale Antikoagulation auch bei asymptomatischem Vorhofflimmern thromboembolische Ereignisse verhindern lassen. Jetzt ist die vom Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V. initiierte Studie vorzeitig gestoppt worden.

Studienleiter Prof. Paulus Kirchhof von Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg erwähnte es fast beiläufig in der Diskussion auf einer Sitzung zum Thema kardiale Arrhythmien zu Beginn der DGK-Herztage 2022 in Bonn: Die NOAH-AFNET-6-Studie sei jüngst schon vor ihrem geplanten Ende gestoppt worden. Über die dafür maßgeblichen Gründe wisse er selbst noch so gut wie nichts.

„Anzeichen einer fehlenden Wirkung“

Eine kurz zuvor von Deutschen Zentrum für Herz-Kreislaufforschung e.V. (DZHK) veröffentlichte Pressemitteilung wird da schon eine Nuance konkreter: Grund für den vorzeitigen Studienabbruch seien „Anzeichen einer fehlenden Wirksamkeit in Verbindung mit erwartbaren Sicherheitsbedenken“. Auf Anraten der für die Studie zuständigen wissenschaftlichen Gremien habe der Studieninitiator, das Kompetenznetz Vorhofflimmern e.V.  (AFNET), Anfang September 2022 beschlossen, die Studie unter kontrollierten Bedingungen zu beenden.

Was könnte das bedeuten? Möglicherweise folgendes: Die Rate an kardio- und zerebrovaskulären Endpunkt-Ereignissen war in der für die Studie selektierten Population möglicherweise zu niedrig, um das Unterfangen, einen signifikanten Unterschied zugunsten der oralen Antikoagulation nachweisen zu können, noch aussichtsreich erscheinen zu lassen. Zeigt sich keine Wirksamkeit, fallen die „erwartbaren“ Sicherheitsprobleme – sprich: Blutungen als Nebenwirkungen der Antikoagulation – zwangsläufig umso stärker ins Gewicht. Ein sich abzeichnendes ungünstiges Nutzen/Risiko-Verhältnis könnte somit Anlass für den Studienabbruch gewesen sein.

Konkrete Ergebnisse im nächsten Jahr erwartet

Noch ist das allerdings nur Spekulation. „Wir müssen auf die Analyse der vollständigen Daten warten. Was wir bisher wissen, deutet darauf hin, dass die orale Antikoagulation bei Patienten mit AHRE nicht so wirksam ist, wie wir gehofft hatten“, wird NOAH-AFNET-6-Studieleiter Kirchhof in der DZHK-Pressemeldung zitiert. Ergebnisse seien im nächsten Jahr zu erwarten, teilt das DZHK mit.

Die primär von Wissenschaftlern initiierte NOAH-AFNET-6-Studie war Mitte 2016 vor dem Hintergrund einer immer besser gewordenen Detektion von asymptomatischem Vorhofflimmern an den Start gegangen. Klinisch stummes Vorhofflimmern lässt sich heute mithilfe spezieller Algorithmen in Schrittmacher- und ICD-Systemen, mit implantierbaren Herzmonitore und inzwischen auch mit Wearables und Smartphone-App gut aufspüren.

Noch ist allerdings unklar, ob eine orale Antikoagulation, die bei symptomatischem Vorhofflimmern zweifelsfrei das Risiko für kardioembolische Ereignisse deutlich reduziert, auch Menschen mit asymptomatischem Vorhofflimmern vor entsprechenden Ereignissen schützt. NOAH-AFNET-6 sollte zur Klärung dieser Frage beitragen.

Für die Studie wurden gezielt Patientinnen und Patienten mit sogenannten atrialen Hochfrequenzepisoden (AHRE), einer subklinischen Vorstufe von Vorhofflimmern, rekrutiert. Getestet werden sollte, ob bei ihnen eine antithrombotische Prophylaxe mit dem NOAK Edoxaban Schlaganfällen, systemischen Embolien oder kardiovaskulären Todesfällen besser vorbeugt als die übliche Behandlung. Erst vor Kurzem war nach DZHK-Angaben die geplante Zahl von 2.538 randomisierten Patientinnen und Patienten erreicht worden.

Zweite randomisierte Studie läuft noch

Mit ARTESiA läuft derzeit noch eine zweite randomisierte Studie zum möglichen Nutzen einer oralen Antikoagulation bei Menschen mit asymptomatischem Vorhofflimmern. An dieser diese Studie sollen 4000 Personen mit subklinischem Vorhofflimmern (mindestens eine 6 Minuten bis 24 Stunden anhaltende Episode) teilnehmen. Sie erhalten nach Zufallszuteilung eine orale Antikoagulation mit mit dem Faktor-Xa-Hemmer Apixaban oder den Plättchenhemmer Acetylsalicyssäure (ASS). Primär geht es bei diesem Vergleich um die die Wirkung auf ischämische Schlaganfälle und systemische Embolien.

Literatur

DGK-Herztage 2022, 29. September – 1. Oktober 2022, Bonn

DZHK-Mitteilung vom 14. September 2022:  NOAH–AFNET-6-Studie vorzeitig beendet (Studie NOAH-AFNET 6).

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