PCSK9-Inhibitor-Therapie: je früher, desto effektiver
Der PCSK9-Hemmer Evolocumab hat sich in einem Langzeit-Follow-up als wirksam und sicher erwiesen. Die Behandlung stellte sich als umso wirksamer heraus, je früher sie begonnen wurde. Das spricht nach Ansicht der Studienautorin für einen möglichst frühen Therapiebeginn.
Der PCSK9-Hemmer Evolocumab hat sich in der FOURIER-OLE-Studie bei Patienten mit manifesten atherosklerotischen Erkrankungen auch auf lange Sicht als wirksam und sicher erwiesen. Darüber hinaus konnten die aktuellen, beim ESC-Kongress präsentierten Daten einen anfänglichen Kritikpunkt an der Hauptstudie FOURIER ausräumen. Und sie verdeutlichen, dass der Effekt der Therapie umso ausgeprägter ist, je früher das Medikament gegeben wird.
Langzeit-Follow-up von FOURIER
FOURIER-OLE stellt eine Open-Label-Erweiterung der randomisierten, placebokontrollierten FOURIER-Studie dar, deren primären Ergebnisse im Jahr 2017 vorgestellt wurden. Nach Abschluss der Hauptuntersuchung konnten alle Patientinnen und Patienten, die das wünschten, mit dem PCSK9-Hemmer weiterbehandelt werden, also auch jene aus der ursprünglichen Placebogruppe. Insgesamt stimmten 6.635 Patienten der Therapiefortführung zu. Im Mittel haben die Teilnehmer die LDL-Cholesterin-senkende Behandlung für fünf Jahre weitergeführt (selbstinjiziiert entweder 140 mg alle 2 Wochen, oder 420 mg monatlich). Das mittlere Follow-up von FOURIER betrug damals 2,2 Jahre. Die längste Exposition gegenüber der Behandlung lag gesamtbetrachtet (FOURIER + FOURIER-OLE) bei 8,4 Jahre.
„Die Daten stellen somit die bisher größte Erfahrung mit PCSK9-Hemmern zum jetzigen Zeitpunkt dar“, erläuterte Studienautorin Dr. Michelle O’Donoghue beim ESC-Kongress in Barcelona, wo sie die Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte.
Erwartungsgemäß fielen die LDL-Cholesterin-Spiegel bei den vorab mit Placebo behandelten Probanden nach dem Switch auf den PCSK9-Hemmer beträchtlich ab. Die Werte seien anhaltend gesenkt worden, berichtete O’Donoghue.
Weiter signifikante Risikoreduktion, obwohl alle dasselbe Medikament einnahmen
Etwas überraschend sind dagegen die Ergebnisse der klinischen Endpunkte. Denn das Risiko für den primären Endpunkt (dazu gehörten kardiovaskuläre Todesfälle, Myokardinfarkte, Schlaganfälle, instabile Angina und koronare Revaskularisationen) war für die von Anfang an mit Evolocumab behandelten Patienten immer noch deutlich niedriger als für jene, die in der Hauptstudie noch mit Placebo behandelt worden sind. Die Risikoreduktion belief sich auf 15% (15,4% vs. 17,5%, Hazard Ratio, HR: 0,85; p=0,008). Zur Erinnerung: Alle Patienten waren zu diesem Zeitpunkt jahrelang schon mit PCSK9-Inhibitoren behandelt worden, die einen nur eben nochmal länger als die anderen.
Kritik an Hauptstudie wurde ausgeräumt
Dasselbe Bild zeigte sich bei der kardiovaskulären Mortalität: Auch hier lagen die Kurven zwischen beiden Gruppen weiterhin deutlich auseinander (3,32% vs. 4,45%; HR:0,77; p=0,04). O’Donoghue erinnerte beim Kongress daran, dass die Therapie mit Evolocumab in der Hauptstudie FOURIER keine Reduktion der kardiovaskulären Sterblichkeit bewirkt hatte bzw. diese nicht nachgewiesen werden konnte. Dieser Kritikpunkt sei mit diesen Daten nun ausgeräumt worden, kommentierte Sitzungssprecher Prof. Johann Bauersachs, Hannover, die Ergebnisse im Anschluss an deren Präsentation.
„Daten sprechen für frühen Beginn“
Nach Ansicht der Studienautorin verdeutlichen die aktuellen Ergebnisse den „Legacy Effekt“ einer frühen und anhaltenden Reduktion von LDL-Cholesterin. „Eine frühe Initiierung von Evolocumab war über die kommenden Jahre mit einem kontinuierlichen Zuwachs eines kardiovaskulären Benefit assoziiert, einschließlich der kardiovaskulären Mortalität“, folgerte die Kardiologin. „Diese Ergebnisse sprechen für den frühen Beginn einer ausgeprägten und anhaltenden LDL-C-Reduktion, um den klinischen Nutzen zu maximieren“, erörterte sie die potenziellen Implikationen.
Bauersachs hält die aktuellen Daten ebenfalls für „extrem wichtig“, wie er im Anschluss an die Studienpräsentation darlegte. Nicht nur wegen der bestätigten Wirksamkeit, sondern auch, weil die langfristige Sicherheit einer solchen Behandlung demonstriert wurde. Unerwünschte Ereignisse kamen in FOURIER-OLE nicht häufiger vor als in der Placebo-Gruppe in der Hauptstudie FOURIER, das galt auch für neu diagnostizierte Diabetes-Fälle.
Literatur
O'Donoghue M: FOURIER-OLE: Primary Results. Hotline-Session 8, ESC Congress 2022, 26. – 29. August, Barcelona