Mehr kardiovaskulär bedingte Todesfälle bei Kälte
Der Klimawandel lässt die globale Durchschnittstemperatur steigen, führt aber mancherorts auch zu Kältewellen. Diese gehen mit einem erhöhten Risiko einher, an Herzerkrankungen zu sterben, legen europäische Daten von mehr als zwei Millionen Teilnehmenden nahe.
Frühere Studien haben ergeben, dass bei Hitze mehr Menschen an Herzerkrankungen und Schlaganfällen sterben. Aber auch Kälte kann mit steigenden Zahlen kardiovaskulär bedingter Todesfälle einhergehen, zeigt eine Studie, die beim diesjährigen ESC-Kongress in Barcelona vorgestellt wurde. Ein Forscherteam um Prof. Stefan Agewall von der Universität Oslo hat herausgefunden, dass dies besonders für ärmere Gegenden gilt.
Für das sogenannte „Exhaustion Project“ nutzten die Forschenden Daten von 2,28 Millionen Teilnehmenden aus fünf Studien aus Deutschland, Italien, Norwegen, Schweden und dem Vereinigten Königreich. Das Durchschnittsalter reichte von 50 bis 72 Jahren. Es wurden Personen mit und ohne kardiovaskuläre Vorerkrankungen einbezogen. Mithilfe von Registerdaten zu Todesfällen und neu aufgetretenen Herzerkrankungen sowie täglichen Durchschnittstemperaturen vom Wohnort der Teilnehmenden wurde für jeden von ihnen die Temperatur am Tag des unerwünschten Ereignisses mit der Temperatur am gleichen Wochentag in anderen Wochen desselben Monats verglichen.
Um 19% erhöhtes kardiovaskulär bedingtes Sterberisiko
Die Fall-Kontroll-Studie ergab für kalte Temperaturen ein gesteigertes Risiko an kardiovaskulären Erkrankungen insgesamt und insbesondere an ischämischen Herzerkrankungen zu sterben. Auch das Risiko für neu auftretende ischämische Herzerkrankungen war erhöht. Ein Temperaturabfall um 10 C° von 5°C auf -5°C ging mit einem um 19% größeren kardiovaskulär bedingten Sterberisiko einher und mit einem um 22% erhöhten Risiko, an einer ischämischen Herzerkrankung zu sterben. Sanken die Temperaturen um 11°C von 2°C auf -9°C war das Risiko für neu auftretende ischämische Herzerkrankungen um 4% gesteigert.
Korrelation mit Hitze nur bei bestimmten Gruppen
Die Assoziationen zwischen kalten Temperaturen und dem Sterberisiko waren ausgeprägter bei Männern und Personen, die in Gegenden mit niedrigem sozioökonomischen Status lebten. Die Korrelation zwischen kalten Tagen und neu auftretenden ischämischen Herzerkrankungen war stärker bei Frauen und über 65-Jährigen. Hitze ging in der Gesamtpopulation nicht mit unerwünschten Ereignissen einher. Allerdings war bei Personen, die zu Studienbeginn bereits kardiovaskuläre Erkrankungen hatten, ein Temperaturanstieg von 15°C auf 24°C mit einem um 25% bzw. 30% erhöhten Sterberisiko durch kardiovaskuläre Erkrankungen bzw. Schlaganfall assoziiert.
Agewall et al. raten Ärzten und Ärztinnen bei Hitze und Kälte gefährdete Personen individuell zu beraten. Kardiovaskulär Vorerkrankte sollten ihnen zufolge bei heißen Temperaturen hydriert bleiben und bezüglich der Einnahme von Medikamenten den Empfehlungen ihrer Kardiologen und Kardiologinnen folgen.
Literatur
Zhang Siqi. Air temperature and cardiovascular disease (EXHAUSTION project). Vorgestellt in: Latest science in primary and secondary prevention and environmental health. ESC Congress 2022; 26. bis 29. August in Barcelona
ESC-Pressemitteilung: Researchers warn of potential threat to heart health from extreme weather, veröffentlicht am 26. August 2022