Wie eine Fischgräte ins Perikard gelangen kann
Ein 37-jähriger Mann wird wegen Brustschmerzen und Dyspnoe ins Krankenhaus eingewiesen. Dort machen die Ärzte eine erstaunliche Entdeckung im Perikard, für die sie nur eine Erklärung haben.
Infolge einer Ösophagusperforation können Fremdkörper in seltenen Fällen das Perikard verletzen. Über einen solchen Fall berichten Dr. Jian Zhu und Kollegen jetzt im „European Heart Journal“.
Ein 37-jähriger Mann stellt sich wegen seit zwölf Stunden anhaltender Brustschmerzen und Luftnot in einem Krankenhaus in Wuhan vor. In einer Computertomografie des Brustkorbes können die chinesischen Ärzte einen beidseitigen Pneumothorax feststellen. Darüber hinaus ist ein kleiner Erguss in der rechten Brusthöhle sowie ein hyperdenser Fremdkörper im vorderen Bereich des Perikards zu sehen.
Die Chirurgen entscheiden sich für eine Operation. Während des Eingriffes können sie den zuvor im CT entdeckten Fremdkörper spezifizieren: Es handelt sich um eine 3,5 cm lange Fischgräte, welche die anteriore Wand des Perikards zur rechten Ventrikeloberfläche hin durchstochen hat. An der Einstichstelle ist eine Blutung zu sehen. Zudem findet sich ein Hämatom im vorderen Mediastinum.
Ösophagus-Perforation als Ursache
Doch wie kommt die Fischgräte ausgerechnet an diese Stelle? Eine gleichzeitig vorgenommen Ösophagoskopie bringt die Ärzte auf einen Verdacht. Darin entdecken sie nämlich eine Ösophagus-Ulzeration 20 cm abwärts der Schneidezähne. Zhu und Kollegen gehen deshalb davon aus, dass die Fischgräte beim Schlucken an dieser Stelle horizontal die Speiseröhre durchdrungen hat. Daraufhin habe die Gräte die linke Pleura mediastinalis perforiert, vermuten die Ärzte, und dadurch den linksseitigen Pneumothorax verursacht. Begünstigt durch eine angeborene Trichterbrust konnte das Knochenstück mit dem Herzschlag abwärts des Mediastinums wandern und durchstach das Perikard im Bereich der anterioren Wand zum rechten Ventrikel hin. Der rechte Pneumothorax ist, spekulieren die Ärzte, als Folge der Ösophagusperforation entstanden.
Zhu und Kollegen zufolge sind bisher nur drei Fälle bekannt, in denen ein Fremdkörper infolge einer Ösophagusperforation die posteriore Wand des Perikards durchstochen hat. „Wir berichten nun von dem ersten, höchst unwahrscheinlichen Fall, in der die anteriore Wand des Perikards durchstochen wurde“, erörtern sie die Besonderheit dieser Kasuistik.
Literatur
Zhu J et al. Puncture of the anterior wall of the pericardium by a fish bone from an oesophageal perforation, Eur Heart J 2022;, ehac258, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac258