So wirksam ist ein neuer Myosin-Aktivator bei Herzinsuffizienz
Mit Omecamtiv-Mecarbil, einem neuen Wirkstoff zur Verbesserung der kardialen Pumpfunktion, konnte in einer großen Studie bei Patienten mit Herzinsuffizienz die kombinierte Rate für Herzinsuffizienz-Ereignisse und kardiovaskuläre Todesfälle signifikant reduziert werden.
Mit dem kardialen Myosin-Aktivator Omecamtiv-Mecarbil hat ein weiterer innovativer Therapieansatz bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) klinische Wirksamkeit bewiesen. In der GALACTIC-HF-Studie ist durch eine Behandlung mit Omecamtiv-Mecarbil das Risiko für den primären kombinierten Wirksamkeitsendpunkt, einer Kombination aus ersten Herzinsuffizienz-Ereignissen (Hospitalisierungen und andere dringende Behandlungen wegen Herzinsuffizienz etwa in Notfallambulanzen) und kardiovaskulären Todesfällen, statistisch signifikant reduziert worden.
Relative Reduktion um 8% beim primären Endpunkt
Am Ende der Nachbeobachtung (mediane Follow-up-Dauer 21,8 Monate) waren von entsprechenden Ereignissen 1523 Patienten (37,0%) in der mit Omecamtiv-Mecarbil behandelten Gruppe und 1607 Patienten (39,1%) in der Placebo-Gruppe betroffen. Der Unterschied entspricht einer moderaten relativen Risikoreduktion um 8% durch den kardialen Myosin-Aktivator (Hazard Ratio: 0,92; 95% Konfidenzintervall: 0,86 – 0,99, p=0,025).
Das Ziel, die kardiovaskuläre Mortalität (sekundärer Endpunkt) zu reduzieren, wurde allerdings nicht erreicht: Die Zahl der kardiovaskulär verursachten Todesfälle war mit 808 (19,6%) in der Omecamtiv-Mecarbil-Gruppe und 798 (19,4%) in der Placebo-Gruppe nahezu gleich (HR: 1,01; 95% KI: 0,92 – 1,11, p=0,86).
Bezüglich der Verbesserung der krankheitsspezifischen Lebensqualität, die nach 24 Wochen anhand eines per standardisiertem Fragebogen (Kansas City Cardiomyopathy Questionaire) ermittelten Gesamtscores für Symptome bewertet wurde, bestand ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen.
Dr. John Teerlink aus San Francisco hat die Ergebnisse der GALACTIC-HF-Studie aktuell bei einer „Late Breaking Science“-Sitzungen des virtuellen Kongresses der American Heart Association (AHA) vorgestellt. Die Studie ist simultan im „New England Journal of Medicine“ publiziert worden.
Direkte Wirkung auf kontraktile Mechanismen
Omecamtiv-Mecarbil ist ein kardialer Myosin-Aktivator, der direkt auf die kontraktilen Mechanismen des Herzens wirkt. Der Wirkstoff verlängert die zyklusabhängige Interaktion von Myosin mit Aktin und bewirkt so eine Verbesserung der kardialen Kontraktilität.
Im Unterschied zu anderen positiv inotrop wirksamen Medikamenten bleiben bei einer Behandlung mit Omecamtiv-Mecarbil die intrazelluläre Kalziumkonzentration und der myokardiale Sauerstoffverbrauch unverändert. Dass dies der Verträglichkeit und Sicherheit zugutekommt, zeigte sich auch in der GALACTIC-HF-Studie: Bezüglich der Blutdruckwerte gab es keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen, die Herzfrequenz verringerte sich unter Omecamtiv-Mecarbil leicht. Auch nahmen die NT-proBNP-Werte der mit Omecamtiv-Mecarbil behandelten Patienten relativ stärker ab (um 10%) als unter Placebo.
Rate an Therapieabbrüchen auf Placebo-Niveau
Die Raten an Therapieabbrüchen wegen unerwünschter Effekte waren in der Omecamtiv-Mecarbil- und Placebo-Gruppe annähernd gleich (9,0% vs. 9,3%), ebenso die Raten für schwerwiegende ischämische Ereignisse (4,9% vs. 4,6%). Auch bei ventrikulären arrhythmischen Ereignissen gab es keinen Unterschied.
Darüber, dass Omecamtiv-Mecarbil die kardiovaskuläre Mortalität nicht verringert hat, zeigen sich die Studienautoren überrascht. Nach ihrer Ansicht hat es diverse Indikatoren für eine mögliche Prognoseverbesserung gegeben. Dazu zählen sie die unter Omecamtiv-Mecarbil beobachtete Verringerung der linksventrikulären Volumina ebenso wie die auch in GALACTIC-HF bestätigte Abnahme von Herzfrequenz und NT-proBNP-Werten.
Wo ist der Platz im künftigen Therapiemanagement?
Wie Omecamtiv-Mecarbil künftig am besten in die immer komplexer gewordene Therapie bei Herzinsuffizienz vom HFrEF-Typ eingebunden werden kann, ist momentan schwer zu sagen. Bei dieser Indikation gibt es derzeit bereits fünf Therapieansätze (RAAS-Blocker/Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor, Betablocker, Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA), SGLT2-Hemmer, kardiale Devices) mit dokumentierter Mortalitätsreduktion.
Auf gleicher Stufe mit diesen Therapieoptionen steht Omecamtiv-Mecarbil mit den jetzt präsentierten Ergebnisse sicher nicht. Möglicherweise empfiehlt sich der neue Wirkstoff ja für eine selektive Anwendung bei bestimmten Patientengruppen. Aufschluss darüber könnten Subgruppenanalysen der GALACTIC-HF-Studie geben.
Eine Subgruppe rückte Studienleiter Teerlink beim AHA-Kongress schon mal in den Blickpunkt: Bei Patienten mit sehr niedriger linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF unter 28%) schien der Effekt von Omecamtiv-Mecarbil deutlich stärker gewesen sein als bei Patienten mit höherer LVEF.
Große Studie mit 8.256 beteiligten Patienten
Für die randomisierte Phase-III-Studie GALACTIC-HF (Global Approach to Lowering Adverse Cardiac Outcomes Through Improving Contractility in Heart Failure) wurden in 35 Ländern insgesamt 8.256 Patienten mit symptomatischer HFrEF (linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤35 %, NYHA-Klasse II-IV) und erhöhten natriuretischen Peptiden rekrutiert, die aktuell oder in ihrer Vorgeschichte wegen Herzinsuffizienz stationär behandelt werden mussten oder innerhalb des letzten Jahre wegen Herzinsuffizienz in einer Notaufnahme waren. Die Patienten erhielten randomisiert entweder Omecamtiv-Mecarbil (finale Dosis 50 mg, 37,5 mg oder 25 mg zweimal täglich) oder Placebo.
Omecamtiv-Mecarbil wird gemeinsam von den Unternehmen Amgen und Cytokinetics mit finanzieller und strategischer Unterstützung von Servier klinisch entwickelt. Teil des Forschungsprogramms ist außer GALACTIC-HF noch die METEORIC-HF-Studie (Multicenter Exercise Tolerance Evaluation of Omecamtiv Mecarbil Related to Increased Contractility in Heart Failure), in der die mögliche Wirkung von Omecamtiv-Mecarbil auf die körperliche Belastbarkeit bei Herzinsuffizienz geprüft wird.
Literatur
Teerlink J.: Omecamtiv Mecarbil In Chronic Heart Failure With Reduced Ejection Fraction: The Global Approach To Lowering Adverse Cardiac Outcomes Through Improving Contractility In Heart Failure (GALACTIC-HF) Trial. Vorgestellt in der Sitzung “Late-breaking Science I” beim virtuellen Kongress der American Heart Association (AHA) 2020 (13. – 17. November 2020).
Teerlink J. et al.: Cardiac Myosin Activation with Omecamtiv Mecarbil in Systolic Heart Failure. N Engl j Med 2020, online 13. November. DOI: 10.1056/NEJMoa2025797