Vorhofflimmern: Früher Rhythmuserhalt bei Herzinsuffizienz von Vorteil
Die Strategie einer früh initiierten Rhythmuskontrolle ist auch bei Patienten mit Vorhofflimmern und zusätzlich bestehender Herzinsuffizienz klinisch von Vorteil, zeigt eine neue Subanalyse der EAST-AFNET-4-Studie.
Rund 30% aller Patienten mit Vorhofflimmern weisen zugleich eine Herzinsuffizienz auf. Bei dieser klinischen Konstellation scheint eine frühzeitig initiierte Rhythmuskontrolle mit Antiarrhythmika und Ablationstherapie die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse deutlich reduzieren zu können.
Dafür sprechen Ergebnisse einer Subanalyse der EAST-AFNET-4-Studie, die Dr. Andreas Rillig vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum UKE Hamburg beim Kongress der Heart Rhythm Association (HRS 2021) in Boston vorgestellt hat. Von der in der Hauptstudie gezeigte Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse durch frühe Rhythmuskontrolle profitieren demnach gleichermaßen auch Patienten mit Vorhofflimmern und koexistierender Herzinsuffizienz.
Was EAST-AFNET-4 ergeben hat
Zur Erinnerung: In der Mitte 2020 beim Kongress der europäischen Kardiologengesellschaft ESC präsentierten EAST-AFNET-4-Studie konnte bekanntlich gezeigt werden, dass eine nach der Diagnose Vorhofflimmern zügig (innerhalb eines Jahres) in Angriff genommene rhythmuserhaltende Therapie im Vergleich zur üblichen, primär auf Frequenzkontrolle zur Symptomverbesserung abzielenden Therapie etwa jedes fünfte klinische Ereignis einschließlich kardiovaskuläre Todesfälle und Schlaganfälle verhinderte.
Nach rund fünf Jahren Follow-up waren in der Gruppe mit „frühem Rhythmuserhalt“ 249 Patienten und in der Gruppe mit „üblicher Behandlung“ 316 Patienten von einem primären Endpunktereignis (kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall, Krankenhausaufenthalt wegen dekompensierter Herzinsuffizienz oder akutem Koronarsyndrom) betroffen. Bei einer Inzidenz von 3,9% vs. 5,1% pro Jahr entspricht das einer signifikanten relativen Risikoreduktion um 21% durch die frühe rhythmuserhaltende Therapie (Hazard Ratio [HR]: 0,79, 95% Konfidenzintervall [KI]: 0,66 – 0,04; p=0,005).
Die auf „frühen Rhythmuserhalt“ zielende Behandlung erfolge in der Studie überwiegend medikamentös mit Antiarrhythmika. Eine Katheterablation wurde initial nur bei 8% der Patienten durchgeführt, im Studienverlauf erhöhte sich der Anteil dann auf 20%.
Herzinsuffizienz vom HFpEF-Typ überwog
Von den insgesamt 2789 Studienteilnehmer der EAST-AFNET-4-Studie wiesen 798 Patienten (mittleres Alter: 71 Jahre, davon 37,6% Frauen) Zeichen oder Symptome einer Herzinsuffizienz auf (NYHA Klasse II-III und/oder linksventrikuläre Ejektionsfraktion [LVEF] <50%).
In dieser Subgruppe hatten die meisten Patienten (n=442) eine Herzinsuffizienz des HFpEF-Typs, also mit erhaltener Auswurffraktion (LVEF ≥50%, im Mittel 61%). Bei etwas mehr als einem Viertel (n=211) bestand eine Herzinsuffizienz des HFmEF-Typs (LVEF 40% - 49%, im Mittel 44%). Nur bei einer Minderheit (n=132) lag eine Herzinsuffizienz der HFrEF-Typs (mit reduzierter Auswurffraktion) vor (LVEF<40%, im Mittel 31%).
Risikoreduktion um 26% bei Herzinsuffizienz als Co-Morbidität
Ein Ereignis des primären kombinierten Endpunkts trat im Studienverlauf bei 94 von 396 Patienten mit „frühem Rhythmuserhalt“ und bei 130 von 402 Patienten mit „üblicher Behandlung“ auf. Bei jährlichen Ereignisraten von 5,7% versus 7,9% entspricht der Unterschied einer signifikanten Risikoreduktion um 26% durch die Strategie der frühen Rhythmuskontrolle (HR: 0,74; 95% KI: 0,56-0,97, p=0.03). Dieses Ergebnis war unabhängig vom spezifischen Herzinsuffizienz-Subtyp (HFpEF, HFmEF oder HFrEF), betonte Rillig.
Den primären Sicherheitsendpunkt bildete eine Kombination der Ereignisse Tod, Schlaganfall und schwerwiegende Komplikationen mit Bezug zur rhythmuserhaltenden Therapie. Bei Ereignisraten von 17,9% (Rhythmuserhalt) versus 21,6% (übliche Behandlung) bestand bezüglich dieses Endpunktes kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen (HR: 0,85; 95% KI: 0,62-1,17, p=0,33).
Kein Unterschied bezüglich LVEF-Veränderung
Die Gruppe um Rillig hat zusätzlich die Effekte beider Behandlungsstrategien anhand des in der CASTLE-AF-Studie verwendeten Endpunkts analysiert, der als Komponenten die Gesamtmortalität sowie Klinikaufenthalte wegen Herzinsuffizienz-Verschlechterungen umfasst („CASTLE-AF-like outcome“). Auch bezüglich dieses kombinierten Endpunktes ergab sich ein signifikanter Vorteil zugunsten der frühen Rhythmuskontrolle (p=0,04). Im Fokus der CASTLE-AF-Studie standen bekanntlich Patienten mit Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz des HFpEF-Typs, die entweder eine Katheterablation oder eine Therapie mit Antiarrhythmika erhalten hatten.
Verbesserungen der LVEF, die primär bei Patienten mit HFmEF und HFrEF beobachtet wurden, waren in beiden Behandlungsgruppen der EAST-AFNET-4-Studie zu verzeichnen. Angesichts eines mittleren LVEF-Anstiegs um 5,3% versus 4,9% bestand diesbezüglich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen (p=0,43).
Literatur
Vorgestellt am 30. Juli 2021 in der Sitzung „Late Breaking Clinical Trials Updates“ beim Kongress der Heart Rhythm Society (HRS 2021), ), 28. - 31. Juli 2021, Boston.
Rillig A. et al.: Early Rhythm Control Therapy in Patients with Atrial Fibrillation and Heart Failure. Circulation 2021, https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.121.056323Circulation