Nasenspray gegen Tachykardien: Erwartungen in Studie nicht erfüllt

Der mittels Nasenspray applizierte Kalziumantagonist Etripamil hat als Therapie zur Terminierung von paroxysmalen supraventrikulären Tachykardien die Erwartungen in einer placebokontrollierten Studie nicht erfüllt.

Von Peter Overbeck

 

12.05.2020

In Anlehnung an das „Pill in the Pocket“-Konzept bei Vorhofflimmern könnte man vom „Puff in the Pocket“-Konzept sprechen: Ein kurzer Sprühstoß (puff) aus den Nasenspray, und schon werden paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien (PSVT) durch den im Spray enthaltenen Wirkstoff Etripamil in Sinusrhythmus überführt.

Kein signifikanter Unterschied im 5-Stunden-Zeitfenster

Soweit die Theorie. In der Praxis stößt die Wirksamkeit von Etripamil,  das wie Verapamil oder Diltiazem am AV-Knoten die Überleitung der Aktionspotentiale bremst (negativ dromotrope Wirkung), jedoch augenscheinlich an Grenzen. In der placebokontrollierten NODE-301-Studie konnte jedenfalls innerhalb eines 5-Stunden-Zeitfensters keine therapeutische Überlegenheit von Etripamil gegenüber Placebo bezüglich der Konversion von PSVT in Sinusrhythmus nachgewiesen werden.

 

Dr. Bruce Stambler vom Piedmont Heart Institute in Atlanta hat die Phase-III-Studie NODE-301 als „Late-breaking Clinical Trial” beim rein digital präsentierten Kongress der Heart Rhythm Society 2020 (HRS 2020 Scientific Session virtual) vorgestellt.

 

Insgesamt 431 an Zentren in Kanada und den USA rekrutierte Patienten mit dokumentierten PSVT von mindestens 20-minütiger Dauer hatten alle zunächst eine Etripamil-Testdosis (70 mg) erhalten. De facto waren es dann 156 Patienten (107 in der Etripamil- und 49 in der Placebo-Gruppe), die das Etripamil-Nasenspray im Fall verspürter PSVT-Episoden im Studienverlauf selbst appliziert hatten.

 

Bezüglich des primären Studienendpunktes (Anteil an Patienten mit Konversion der PSVT in Sinusrhythmus im Zeitraum von fünf Stunden)  bestand am Ende kein signifikanter Unterschied zwischen Etripamil- und Placebo-Gruppe (Hazard Ratio 1,08, 95% Konfidenzintervall 0,726-1,623 p=0,12).

Post-hoc-Analyse: Wirkung in der Frühphase

Völlig wirkungslos war Etripamil gleichwohl nicht. Allerdings scheint der relativ rasch eintretende Effekt nicht lange genug anzuhalten, um im Zeitrahmen von fünf Stunden einen Unterschied ausmachen zu können. In einer Post-hoc-Analyse zeigte sich jedenfalls, dass innerhalb der ersten 45 Minuten nach Spray-Applikation bezüglich der Konversionsrate sehr wohl ein signifikanter Unterschied zugunsten des Etripamil-Gruppe bestanden hatte (Hazard Ratio 1,66, p=0,02).

 

Nach Angaben von Studienleiter Stambler hat sich das Etripamil-Nasenspray bei der unbeaufsichtigten Selbstanwendung durch die Patienten im Fall von PSVT-Perioden als sicher und gut verträglich erwiesen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass allen Teilnehmer zur Verträglichkeitsprüfung initial eine Etripamil-Testdosis verabreicht worden war.

 

Genaue Angaben dazu, welche PVST-Diagnosen bei den  Studienteilnehmern vorgelegen haben, machte Stambler im Übrigen nicht. Allerdings ist davon auszugehen, dass es sich vor allem um  AV-Knoten-Reentry-Tachykardien (AVNRT) und Atrioventrikuläre Reentry-Tachykardien (AVRT) gehandelt haben dürfte.

Kommentator zeigt sich skeptisch… und empfiehlt Ablation

Unter dem Strich bleibe festzuhalten, dass die NODE-305-Studie ihr Ziel nicht erreicht habe, betonte der Dr. Eric Prystowsky aus Indianapolis in seinem auf die Studienpräsentation folgenden Kommentar. Er halte nicht viel von der Suche nach medikamentösen Lösungen wie dem „Puff in the Pocket“-Konzept für die Behandlung von Patienten mit PVST, bekannte der Elektrophysiologe.

 

Mit der Katheterablation gebe es gerade für diese Patienten heute eine sehr wirksame Therapieoption, die in erfahrenen Zentren eine Erfolgsrate von über 95% bei minimaler Komplikationsrate habe.


Literatur

Stambler BS:  Etripamil Nasal Spray for Acute Ttermination of Spontaneous Episodes of Paroxysmal Atrial Tachycardia – NODE-305 Trial. LBCT01-01. Heart Rhythm Society Annual Scientific Sessions (HRS 2020 Scientific Sessions virtual), online 8. Mai.

Das könnte Sie auch interessieren

Breiter QRS-Komplex: Neuer Algorithmus erlaubt schnelle Differenzialdiagnose

Eine Breit-QRS-Komplex-Tachykardie kann lebensbedrohliche, aber auch völlig harmlose Ursachen haben. Ein neuer, einfach zu handhabender Algorithmus könnte Ärzte nun bei der Diagnose helfen.

Persistierendes Vorhofflimmern: Hinterwandisolation enttäuscht

Eine zusätzlich zur Pulmonalvenenisolation vorgenommene Hinterwandisolation soll – so die Hoffnung – die Erfolgsquoten bei persistierendem Vorhofflimmern erhöhen. In einer randomisierten Studie ist dieser Effekt allerdings ausgeblieben.

Neue Praxis-Leitlinien: Das ABC des Managements bei Vorhofflimmern

Vier Jahre nach der letzten Aktualisierung hat die ESC gemeinsam mit der European Association of Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) die europäischen Leitlinien zum Management bei Vorhofflimmern auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht.

Diese Seite teilen