Steigt im Corona-Lockdown das Risiko für Bluthochdruck?
Patienten, die die Notaufnahme aufsuchen, wiesen während des COVID-19-bedingten Lockdowns in Argentinien höhere Blutdruckwerte auf als sonst, legt eine neue Studie nahe. Das könnte verschiedene Gründe haben.
Soziale Isolation aufgrund von COVID-19 scheint einer argentinischen Studie zufolge mit einem Anstieg des Blutdrucks bei Patienten einherzugehen, die in der Notaufnahme eintreffen. Die Wahrscheinlichkeit für Bluthochdruck war bei ihnen um 37% erhöht, im Vergleich zu Zeiten ohne Einschränkungen. Dies blieb auch nach Adjustierung auf Alter, Geschlecht, Zeitpunkt der Abfrage und Einlieferung mit dem Krankenwagen unverändert.
Auch in Argentinien wurde zur Eindämmung der Pandemie ein dreimonatiger Lockdown verhängt, bei dem die Menschen ihr Zuhause nur aus triftigen Gründen verlassen durften. Ärzte um Dr. Matías Fosco vom Universitätsklinikum der Favaloro Foundation in Buenos Aires hatten den Eindruck, dass sich in dieser Zeit mehr Patienten mit hohem Blutdruck vorstellten. Deshalb verglichen sie in einer Studie die Häufigkeit von Bluthochdruck während des Lockdowns, während des gleichen Zeitraums 2019 und in den drei Monaten unmittelbar vor der Einschränkung.
Stress durch Kontaktbeschränkung?
Von den mehr als 12.000 Studienteilnehmern waren 46% weiblich, das Durchschnittsalter lag bei 57 Jahren. Während des Lockdowns wurden 1.643 Patienten in die Notaufnahme eingeliefert, 57% weniger als zur gleichen Zeit im Vorjahr und 54% weniger als in den drei Monaten vor der Isolationsphase. Von den Patienten, die während des Lockdowns in der Notaufnahme eintrafen, hatten 391 (24%) einen hohen Blutdruck. Das waren signifikant mehr als 2019 (18%) und als in den drei Monaten vor der Einschränkung (15%).
Als mögliche Ursache für die Assoziationen zwischen sozialer Isolation und hohem Blutdruck komme erhöhter Stress aufgrund der Kontaktbeschränkungen oder finanzieller und familiärer Schwierigkeiten infrage, vermuten die Forscher. Auch veränderte Verhaltensweisen, wie gesteigerter Lebensmittel- und Alkoholkonsum, weniger Bewegung und Gewichtszunahme könnten dafür verantwortlich sein.
Gesunde Gewohnheiten nicht vernachlässigen
Die Gründe für den Besuch der Notaufnahme seien in allen Zeiträumen ähnlich gewesen, sodass dies nicht die Ursache gewesen sein könne, so Fosco und Kollegen. Möglicherweise könne es aber an einer erhöhten psychischen Anspannung der Patienten liegen, etwa durch die Angst vor einer COVID-19-Infektion. Auch denkbar sei, dass einige Personen, die wegen Bluthochdruck behandelt werden, Medikamente abgesetzt haben könnten, aufgrund von Warnungen vor möglichen nachteiligen Effekten auf die Prognose bei COVID-19, was später jedoch revidiert wurde (mehr dazu lesen sie in diesem Beitrag: https://www.kardiologie.org/esc-kongress-2020/covid-19/jetzt-definitiv--raas-inhibitoren-schaden-bei-covid-19-nicht-/18335922).
„Es ist wichtig, gesunde Lebensgewohnheiten auch in Phasen sozialer Isolation aufrechtzuerhalten. Viele Vorschriften im Zusammenhang mit der Pandemie haben sich inzwischen gelockert, und wir untersuchen, ob sich dies auf den Blutdruck der Patienten, die in die Notaufnahme kommen, auswirkt“, schließen die Forscher um Fosco.
Literatur
Fosco et al. Vorgestellt beim 46. Argentinischen Kongress für Kardiologie (SAC), 19. bis 21. November 2020, Argentinische Gesellschaft für Kardiologie.
ESC-Pressemitteilung: Social isolation during COVID-19 pandemic linked with high blood pressure. 19.11.2020.