Im Spotlight: Dr. Philipp Breitbart
kardiologie.org: Sie sind ja am Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen tätig. Was machen Sie da genau?
Dr. Philipp Breitbart: Als kardiologischer Weiterbildungsassistent am Standort Bad Krozingen bin ich derzeit in der Rotation in der Koronarangiographie tätig. Zudem versuche ich als Teil eines Dreier-Teams von Assistentensprechern eine enge Kommunikation zwischen Führungsebene und Assistenten zu fördern sowie gemeinsam mit der ärztlichen Personalleitung die Ausbildung an unserem Zentrum für junge Assistenten zu optimieren.
Wollten Sie schon immer Kardiologe werden und was waren Ihre Beweggründe?
Geleitet von meinen Pflegepraktika und Famulaturen im Herz-Kreislauf-Zentrum in Rotenburg an der Fulda hatte ich schon als Student eine starke Affinität zur Kardiologie. Durch mein Wahltertial in der Radiologie während des Praktischen Jahres hatte ich dann jedoch auch für dieses Fach vermeintlich Feuer gefangen und habe mein Arbeitsleben schließlich dort begonnen. Die Überlegung hinter dieser Entscheidung war: wenn ich für beide Fächer interessiert bin, bringt mir eine Grundausbildung in der Radiologie (Röntgen, CT und Sonographie) mit einem anschließenden endgültigen Wechsel in die Kardiologie mehr für mein definitives Fach, als der umgekehrte Weg. Im Endeffekt habe ich von diesem Weg seit meinem Einstieg in die Kardiologie sowohl klinisch als auch wissenschaftlich wahnsinnig profitiert.
Was fasziniert Sie an der Kardiologie?
In der Kardiologie sind viele Wirkmechanismen, Pathologien und entsprechenden Therapie mechanisch/physikalisch/physiologisch herzuleiten, zu erklären oder zu lösen. Ein erfahrener Kollege meinte in meinen ersten kardiologischen Wochen zu mir, dass Herz sei einfach nur eine Umlenkpumpe. Aber genau das ist der entscheidende Punkt: es ist die faszinierendste Umlenkpumpe dieses Planeten – zumindest in meinen Augen.
Meine weitere Faszination für die Kardiologie lässt sich wohl durch meine große Handball-Leidenschaft erklären. Als Torwart durfte ich bis zum Beginn des Studiums auf Leistungssport-Niveau und nun zumindest noch auf höherem Amateurniveau spielen. Ein Torwart muss oft millisekundenschnelle Entscheidungen treffen und sich bei einem Wurf auf eine Ecke bzw. eine Parade festlegen. Ähnlich ist es in vielen Situationen in der Kardiologie. Zwar kann die Entscheidung/Handlung im Endeffekt falsch sein, aber wenn ich gar nicht handele, ist das für den Patienten oft am schlimmsten. Dann kann aber in genau der nächsten Situation eher eine bedachte Entscheidung oder ein Abwarten notwendig sein - genau wie im Tor, wenn der Gegenspieler seine Würfe verzögert oder Trickwürfe macht. Bei vielen Tätigkeiten in der Kardiologie ist zudem eine Arbeit als Team gefragt.
Was ist Ihre Aufgabe im Nukleus der Young DGK und fasziniert Sie daran?
Viele Ideen und Projekte in der YoungDGK entwickeln wir als Nukleus gemeinsam, da bei allen der Teamgedanke an oberster Stelle steht. Schwerpunktmäßig verfasse ich ansonsten den monatlich erscheinenden Newsletter unserer Sektion und berichte zudem immer wieder über die Aktivitäten der Sektion auf unserer YoungDGK-Sonderseite in der CardioSzene der CardioNews. Zusammen mit zwei Kollegen ist ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit die Planung unseres YoungDGK-Standes auf der nächsten Jahrestagung. Da versuchen wir, ein Angebot speziell für die junge Kardiologie zusammenzustellen, auf das sich die Teilnehmer sicher jetzt schon freuen dürfen.
Wenn junge Ärzte an die Karriereplanung denken…Was ist denn, wenn jemand nach seiner Anfangszeit als Arzt das Gefühl hat, nicht im richtigen Fach zu sein? Darf/muss er/sie wechseln oder schadet das seiner Karriere?
Diese Frage ist nur differenziert zu beantworten. Die unmittelbare Anfangszeit im ärztlichen Berufsleben nach dem Studium ist wahrscheinlich nie leicht. Hier lohnt sich Durchhaltevermögen, denn auf der anderen Seite könnte ein zu schnelles Aufgeben verhindern, überhaupt mit einer gewissen Ruhe im Berufsleben anzukommen. Wenn sich jedoch der Eindruck, im falschen Fachgebiet begonnen zu haben, über die ersten sechs bis zwölf Monate verfestigt, sollte meines Erachtens unbedingt ein Fachwechsel ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Meine ersten Zweifel an der Radiologie traten nach rund 4 Monaten auf: durch den fehlenden Patientenkontakt und die in meinen Augen ausbleibende Abwechslung (damals war ich dann als Assistent den ganzen Tag für die CT-Befundung eingeteilt) zogen sich die Arbeitstage wie Kaugummi. Um mich aber nicht nur von der aktuellen Situation in der Weiterbildung leiten zu lassen, habe ich einen Blick in meine Zukunft abstrahieren wollen und auf meine fach- und oberärztlichen Kollegen geschaut (bei der gemeinsamen Besprechung von CT-Befunden saßen wir viel zusammen am Schreibtisch): wie sieht Ihre Tätigkeit aus, welche Verantwortungen und Entwicklungsmöglichkeiten bestehen, was sind das überhaut für Typen, Charaktere und kann ich mich damit identifizieren. Da wuchs bei mir die Erkenntnis, ich passe nicht in dieses Fach. Die Begeisterung, mit der beispielsweise ein junger, engagierter Facharzt mir aus seiner Sicht spannende Bildbefunde (wie bspw. seltene anatomische Varianten) erklärt hat, die jedoch für das akute Problem des Patienten keine Rolle gespielt haben, hätte ich nie aufbringen können. Vielleicht wäre ich trotzdem ein solider Radiologe geworden. Aber unabhängig von Talent oder Fleiß, wird nur derjenige in einem Fach wirklich gut, der auch die entsprechende Leidenschaft dafür aufbringt. Also war die Entscheidung, doch in die Kardiologie zu gehen, gefallen und ich begann, mich zu bewerben – durch die Zeit von mehr als einem Jahr und der fachlichen Anerkennung meiner Kollegen konnte ich nun jedoch erhobenen Hauptes die Radiologie verlassen. In einigen Vorstellungsgesprächen wurde mir nun durch den Wechsel des Faches nach etwas mehr als 1 Jahr eine mangelnde Zielstrebigkeit attestiert. Doch es gab auch die genau gegenteilige Reaktion wie in Bad Krozingendurch meinen jetzigen Chef: Begeisterung, dass ich bereits Berufserfahrung in einem anderen Fachgebiet sammeln konnte und ich doch durch die radiologische Zeit optimal von Beginn an in die klinische Routine aber auch Forschungsprojekte im Bereich Cardiac Imaging mittels CT oder MRT einzubeziehen sei. Einige meiner Kommilitonen haben einen ähnlichen Weg eingeschlagen und sind durch einen Fachwechsel nach 12 bis 18 Monaten glücklicher geworden. Ob mein Wechsel speziell nun die steilere Karriere ermöglicht, lässt sich natürlich jetzt und wahrscheinlich auch in Zukunft nicht definit beantworten. Was aber sicher ist: sowohl meine klinische als auch wissenschaftliche Tätigkeit führe ich nun mit absoluter Leidenschaft durch, und die Zeit an den meisten Tag verfliegt viel zu schnell.
Im Vorstellungsgespräch versuchen sich alle Kliniken von Ihrer besten Seite zu zeigen. Welche Indizien können einem Bewerber jedoch trotzdem zeigen, ob eine Klinik zu ihm/ihr passt oder auch nicht?
Der Bewerber sollte ganz genau darauf achten, welche Bereiche aus seinem Lebenslauf angesprochen werden und vor allem auch wie: kritisch hinterfragt, bejahend oder weiterführendes Interesse. In meinem Vorstellungsgespräch in Bad Krozingen wurde nicht nur meine vorherige Tätigkeit in der Radiologie positiv beleuchtet, sondern es gab auch interessierte Fragen nach meiner Handballkarriere, da der ärztliche Vizedirektor früher ein national sehr erfolgreicher Läufer war. Am Ende des Gesprächs hatte ich so den Eindruck gewonnen, dass hier genau jemand mit meiner Vita, meinen Interessen und Eigenschaften gesucht wird und ins vorhandene Team passt – ein Eindruck, der sich bis heute zu 100 Prozent bestätigt hat. Natürlich sind solche Indizien keine Garantie dafür, den richtigen Job gefunden zu haben – sie erhöhen aber zumindest die Wahrscheinlichkeit.
Welche strategischen Überlegungen sollte man bei der Auswahl seiner Stelle noch beachten?
Die Anfangszeit im Beruf oder der Neustart in einer Klinik sind nie leicht und kosten viel Zeit, Engagement und Durchhaltevermögen – selbst in der für einen Jungassistenten persönlich richtigen Stelle. Da ist es hilfreich, so wenig Nebenkriegsschauplätze wie möglich bewältigen zu müssen. Natürlich ist es aufregend, den Berufsstart oder einen Jobwechsel für eine komplett neue Stadt und eine neue Klinik zu nutzen. Dann sind die ersten Monate jedoch selbst für aufgeschlossene Menschen davon geprägt, sich in der neuen Stadt und dem Krankenhaus zurecht zu finden, die Netzwerkstrukturen – sowohl die oberflächlichen als auch die verborgenen – am Arbeitsplatz zu entschlüsseln und überhaupt soziale Kontakte zu finden. Wer jedoch bereits mit „Stallgeruch“ seine Stelle beginnt und Ort bzw. Klinik kennt oder gar bereits durch das Studium oder Promotion persönliche Kontakte zum neuen Arbeitsplatz hat, kann sich vom ersten Tag an auf das Lernen von Inhalten, den wissenschaftlichen Werdegang und die Bemühungen um eine möglichst optimale Weiterbildungsrotation konzentrieren. Dieser Vorsprung am Start ist nicht zu unterschätzen. Auf der anderen Seite sind die Erfahrungen, beide Varianten absolviert zu haben und sich auch in der Fremde durchgesetzt zu haben, auch sehr prägend für die Persönlichkeit und den weiteren Werdegang. Im Endeffekt hängen alle strategischen Überlegungen vom Charakter und den Zielen des Einzelnen ab, aber auch von der zeitlichen Terminierung (ob zum Berufsstart, während der Weiterbildung oder nach dem Facharztabschluss).
Worauf sollte man zu Beginn seiner Tätigkeit in einer Klinik achten, um nicht in der breiten Masse der Assistenten unterzugehen?
Unablässig ist natürlich, von Beginn an die eigene Arbeit mit höchster Motivation und Engagement auf inhaltlich hohem Niveau auszuüben. Darüber hinaus sind persönliche Kontakte zu Kollegen, die bereits lange in der Klinik und anerkannt sind, sehr hilfreich – sowohl klinisch als auch wissenschaftlich. Daher ist es empfehlenswert, sich für beide Bereiche einen erfahrenen Mentor in der Klinik zu suchen, mit dem auch die zwischenmenschliche Ebene stimmt. Von diesem Mentor kann der Assistent nicht nur fachlich viel lernen, sondern auch im Hinblick auf die Netzwerke hinter den Kulissen der Klinik. Wenn dieser Mentor sich persönlich dem Schicksal des jungen Kollegen verschreibt, ist ein wichtiger, erster Schritt gelungen. Zudem hilft immer ein Engagement in der Klinik, das über den normalen Arbeitsalltag hinausgeht. Dieses muss jedoch nicht nur wissenschaftlicher Natur sein, sondern kann auch andere Tätigkeitsfelder annehmen (bspw. die Erstellung von Behandlungsstandards, Beteiligung an abendlichen/samstäglichen Fortbildungsveranstaltungen der eigenen Klinik). Wichtig ist nur, dass dieses Engagement authentisch wirkt.
Ist eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere für einen jungen Arzt/Ärztin nur möglich, wenn er/sie Interesse an Laborarbeit hat oder bereits während des Studiums in einer Forschungsgruppe war?
Natürlich kann eine intensive Forschungsarbeit schon während des Studiums Wegbereiter für eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, diese mit mindestens dem gleichen Engagement auch parallel zum Arbeitsleben fortzuführen, welches um Welten größere Herausforderungen als das Studium enthält – es ist als kein Selbstläufer. Auf der anderen Seite ist eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere keinesfalls ausgeschlossen, wenn die junge Ärztin oder der junge Arzt sein Interesse für die Forschung erst während des Berufslebens entdeckt. Vielleicht beginnt die Begeisterung für die Wissenschaft auch erst mit dem tieferen Eintauchen in ein spannendes Krankheitsbild im beruflichen Alltag und steigert sich dann im Verlauf sukzessive: vom ersten eigenen Case Report über eine retrospektive Datenauswertung bis hin zur eigenen prospektiven Studieninitiierung und -durchführung. Erfolgreich wird die wissenschaftliche Arbeit jedoch unabhängig vom Beginn nur, wenn sich die junge Ärztin bzw. der junge Arzt wirklich für die Forschung und das entsprechende Thema an sich interessiert und im Falle einer klinischen Tätigkeit ihren/seinen praktischen Tätigkeitsschwerpunkt damit verknüpft. Denn eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere kostet viele Abende, Nächte, freie Wochenenden und Feiertage sowie Urlaube – und das über viele Jahre bzw. gar Jahrzehnte. Wer dafür nicht brennt und im Gegenzug die Stunden zählt, ist hier fehl am Platz.
Was bringt ein Engagement in der DGK bzw. speziell in der Young DGK für die eigene Karriere?
Der Benefit von einem Engagement in der DGK bzw. speziell in der YoungDGK ist eigentlich gar nicht in wenige Sätze zu fassen. Ein großer Profit für alle Mitglieder sind die zahlreichen, speziell auch für junge Kardiologen ausgerichteten, Fortbildungsangebote (ob Akademiekurs oder Session auf der Jahrestagung). Diese stellen eine perfekte Ergänzung zur, im klinischen Alltag oft nur begrenzt Raum findenden, Weiterbildung dar. Ein Engagement in der YoungDGK bietet darüber hinaus die Möglichkeit, all diese Angebote für junge Kollegen selbst mitzugestalten. Nicht hoch genug zu bewerten ist jedoch auch der Aspekt des Netzwerkens. Dabei geht es nicht nur darum, Kontakte für spätere Stellenbewerbungen bzw. -vergaben aufzubauen. In der YoungDGK begegnen sich junge Kardiologen, die vor allem zwei Gemeinsamkeiten besitzen: eine Leidenschaft für die Kardiologie und den Willen bzw. die Bereitschaft, dafür mehr zu geben als nur ihren Arbeitsalltag. Daher eignet sich die YoungDGK sehr gut zum Erfahrungsaustausch (Wie ist die Arbeitssituation bei mir im Vergleich zu anderen Kliniken? Worauf sollte ich bei meinem weiteren Werdegang achten?) aber auch zum Entwickeln und Durchführen gemeinsamer Forschungsideen.