Wiedereröffnung chronischer Koronarverschlüsse: Viel Mühe, wenig Ertrag?
Die Wiedereröffnung chronischer Koronarverschlüsse (chronic total occlusion, CTO) ist schwierig und erfordert viel Expertise. Ob die Patienten von diesen oft komplexen Eingriffen prognostisch profitieren, ist unklar. Der Versuch, einen solchen Nutzen nun erstmals in einer randomisierten Studie zu dokumentieren, schlug fehl.
Bis zu 20% aller Patienten mit koronarer Herzkrankheit weisen bei perkutanen Koronarinterventionen (PCI) chronische Koronarverschlüsse (chronic total occlusion, CTO) auf. Der chronische Koronarverschluss wird gerne als die „letzte Grenze“ (last frontier) der interventionellen Kardiologie bezeichnet. Definiert sind CTO als komplette Verschlüsse (TIMI-0-Fluss) der Koronararterie von mehr als dreimonatiger Dauer.
Assoziation mit erhöhtem Sterberisiko
Solche Verschlüsse sind auf längere Sicht mit einem erhöhten Sterberisiko assoziiert, wie erst kürzlich eine Analyse schwedischer Registerdaten bestätigt hat. Ob eine katheterbasierte CTO-Rekanalisation dieses Risiko verringert, ist mangels randomisierter Studien noch unklar.
Perkutane Koronarinterventionen zur CTO-Rekanalisation (CTO-PCI) sind technisch anspruchsvolle und häufig sehr aufwendige Prozeduren, die auch für die Patienten durch Kontrastmittelmenge und Strahlenexposition Belastungen mit sich bringen. Gleichwohl werden sie an vielen Kliniken durchgeführt. Die technische Erfolgsquote liegt in erfahrenen Zentren mittlerweile bei über 85%.
Nach Erfahrungsberichten können durch CTO-PCI Symptome verbessert und die ischämische Belastung verringert werden. Retrospektive Analysen haben ergeben, dass Patienten mit erfolgreicher CTO-PCI eine niedrigere Mortalität hatten als Patienten, bei denen diese Intervention nicht erfolgreich war. Beweiskräftige Belege sind das aber nicht.
Eine PCI bei klinisch stabilen Patienten mit Koronarstenosen gilt als Maßnahme, die zwar Symptome, aber nicht die Prognose verbessern kann. Die CTO-PCI wird hingegen immer wieder mit der Erwartung einer möglichen Prognoseverbesserung verknüpft. Ob die CTO-Rekanalisation diesen Anspruch erfüllt, lässt sich nur in randomisierten Studien klären.
Studie an Zentren in Süd-Korea
Neben der europäischen EURO-CTO-Studie ist dazu in Süd-Korea schon vor vielen Jahren die DECISION-CTO -Studie gestartet worden. Ihre von Studienleiter Dr. Seung-Jung Park vom Asan Medical Center in Seoul beim ACC-Kongress vorgestellten Ergebnisse sind für die Verfechter der CTO-Rekanalisation eine herbe Enttäuschung.
Die Studie verlief anders als geplant. Statt de facto 815 KHK-Patienten mit CTO sollten ursprünglich knapp 1.300 Teilnehmer in die Studie aufgenommen werden. Dazu ist es wegen schleppender Rekrutierung, die einen vorzeitigen Stopp der Studie zur Folge hatte, nicht gekommen. Von den tatsächlich rekrutierten Patienten wurden 417 einer CTO-PCI plus optimaler medikamentöser Therapie (OMT) und 398 einer alleinigen OMT ohne CTO-PCI zugeteilt. Die Rate für den technischen Erfolg der CTO-PCI betrug 91%.
Nach drei Jahren kein Unterschied
Die Bilanz nach drei Jahren Nachbeobachtung: Gemessen an den Raten für die Ereignisse Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall und erneute Revaskularisation (primärer Endpunkt) bestand kein relevanter Unterschied zwischen CTO-PCI- und OMT-Gruppe ( 20,6% vs. 19,6%). Nach fünf Jahren sah es bei Raten von 26,3% respektive 25,1% für die CTO-PCI nicht besser aus. Auch die Analyse von diversen Messungen der Lebensqualität ergab keinen Vorteil der CTO-Rekanalisation.
Eine auf Basis der 3-Jahres-Ergebnisse für den primären Endpunkt durchgeführte Intention-To-Treat-Analyse habe die „Nicht-Unterlegenheit“ der OMT als initiale Strategie bei Patienten mit CTO bestätigt, so Studienleiter Seung-Jung Park. Anders gesagt: Der Verzicht auf eine CTO-PCI ist nicht schlechter als ihre Durchführung.
In der „Per-Protocol“- und „As-Treated“-Analyse seien die statistischen Kriterien für „Nicht-Unterlegenheit“ der OMT jedoch nicht erfüllt worden, fügte Seung-Jung Park noch hinzu. Lässt sich daraus Hoffnung schöpfen, in künftigen randomisierten Studien doch noch eine Überlegenheit der CTO-PCI nachweisen zu können?
Einige Experten übten Kritik am Design der DECISION-CTO-Studie. Mit den Ereignissen Tod und Herzinfarkt seien die „falschen Endpunkte“ gewählt worden. Primäres Ziel der CTO-PCI sei aber die Symptomverbesserung, die man deshalb besser in den Fokus der Studie hätte stellen sollen. Allerdings ist die Lebensqualität der Studienteilnehmer ja quantifiziert worden – ohne dass sich dabei ein Unterschied gezeigt hat.
Literatur
Seung-Jung Park: Drug-Eluting Stent Versus Optimal Medical Therapy in Patients With Coronary Chronic Total Occlusion: DECISION CTO Randomized Trial. Sitzung: Late-Breaking Clinical Trials III, Kongress des American College of Cardiology (ACC) 2017, 17.-19. März 2017, Washington DC