Links brutzelt es am stärksten
Strahlenschürzen schützen den Körper, aber nicht den Kopf. Eine Untersuchung aus Kalifornien zeigt, dass die linke Kopfhälfte im Katheterlabor einer erheblich stärkeren Strahlenbelastung ausgesetzt ist als die rechte Seite.
Kardiologen um Dr. Ryan Reeves von der University of California in San Diego berichten in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift JACC Cardiovascular Interventions über die Ergebnisse der BRAIN-Studie. Bei insgesamt 11 invasiv arbeitenden Kardiologen wurde mit Hilfe von jeweils 3 außen auf einer Kappe angebrachten Dosimetern untersucht, wie stark unterschiedliche Bereiche des Kopfs bei diagnostischen und therapeutischen Interventionen der Röntgenstrahlung ausgesetzt sind.
Hintergrund der Studie waren mehrere Berichte über linksseitige Kopf-/Hals-Tumoren bei Kardiologen. Im Mittel wurden in der BRAIN-Studie pro Person 50 aufeinanderfolgende Prozeduren durchgemessen und dann die kumulierten Strahlendosierungen verglichen.
Es zeigte sich, dass in der Tat die linke Kopfhälfte eine statistisch signifikant stärkere Strahlenexposition aufwies als die rechte. Konkret wurden linksseitig im Mittel 106,1 mrad (1,06 mGy) und in der Mitte der Schädelkalotte 83,1 mrad (0,83 mGy) gemessen. Das war jeweils hoch signifikant mehr als auf der rechten Seite, wo im Mittel nur 50,2 mrad (0,50 mGy; p je < 0,001) gemessen wurden, bei einer mit drei externen Dosimetern erfassten Umgebungsstrahlung in Höhe von 38,3 mrad (0,38 mGy).
Wurde die Umgebungsstrahlung bei der Berechnung der Strahlenexposition herausgerechnet, fiel der Unterschied zwischen den beiden Kopfhälften entsprechend deutlicher aus: Nach Subtraktion der Umgebungsstrahlung war die linksseitige, jetzt rein medizinisch verursachte Strahlenexposition 4,7 Mal so hoch wie die rechtsseitige (p<0,001).
Die BRAIN-Studie hat auch untersucht, ob sich die Strahlenexposition am Kopf durch ein noch recht neues Strahlenschutzverfahren reduzieren lässt. Bleifolienhaltige Kappen existieren zwar, werden aber kaum genutzt. In der BRAIN-Studie trugen die 11 Ärzte komfortablere Kappen aus XPF, ein in den letzten Jahren entwickeltes Barium-Bismut-Material. Es ist deutlich leichter als Blei, und es handelt sich um einen Einmalartikel.
Mit Hilfe der XPF-Kappen konnte die linksseitige Strahlenexposition am Kopf deutlich verringert werden. Dies zeigten dosimetrische Messungen unterhalb der Kappe, die an denselben Stellen erfolgten wie die Messungen an der Kappenoberfläche.
Unterhalb der Kappe gemessen wurden linksseitig, rechtsseitig und in der Mitte der Schädelkalotte jeweils rund 42 mrad (0,42 mGy), also nur geringfügig mehr als die Umgebungsstrahlung. Wenn die Experten wiederum die Umgebungsstrahlung herausrechneten, ergab sich eine Abschwächung der rein medizinischen Strahlenexposition durch die XPF-Kappe linksseitig um etwa den Faktor 16 und in der Mitte der Schädelkalotte um den Faktor 11.
Literatur
Reeves RR et al. Invasive Cardiologists Are Exposed to Greater Left Sided Cranial Radiation: The BRAIN Study. J Am Coll Cardiol Intv. 2015;8(9):1197-206