Inwieweit schützen GLP-1-Analoga vor kardiovaskulären Ereignissen? Metaanalyse klärt auf
Inwieweit schützt eine antidiabetischen Behandlung mit GLP-1-Agonisten Patienten mit Typ-2-Diabetes vor kardiovaskulären und renalen Komplikationen? Ergebnisse einer auf sieben randomisierte Studien gestützten Metaanalyse geben darüber jetzt Auskunft.
Die 2008 von der US-Gesundheitsbehörde FDA den pharmazeutischen Herstellern auferlegte Verpflichtung, die kardiovaskuläre Sicherheit neuer, zur Zulassung anstehender Antidiabetika zu dokumentieren, hat mittlerweile eine wahre Flut klinischer Studien hervorgebracht. Das Ziel, die kardiovaskuläre Unbedenklichkeit der geprüften Blutzuckersenker nachzuweisen, ist in allen Studien erreicht worden.
Für zwei Substanzgruppen – SGLT2-Hemmer und GLP-1-Rezeptoragonisten – konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass sie das Risiko für kardiovaskulärer Ereignisse nicht nur nicht erhöhen, sondern sogar signifikant zu reduzieren vermögen – und zwar unabhängig von ihrer blutzuckersenkenden Wirkung.
Im Fall der GLP-1-Rezeptoragonisten konnte allerdings nicht jeder Vertreter dieser Wirkstoffgruppe diesen Nachweis in der entscheidenden Endpunktstudie erbringen. Während Liraglutid, Semaglutid, Albiglutid und Dulaglutid in den einschlägigen Studien ein signifikante Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse bescheinigt bekamen, blieb es für Lixisenatid, Exenatid und eine orale Semaglutid-Formulierung „nur“ beim Nachweis der „Nicht-Unterlegenheit“. Das kann unter anderem auf methodische Unterschiede bezüglich Studiengröße und –dauer bedingt gewesen sein.
Daten von rund 56.000 Patienten als Basis
Forscher um Dr. Søren Kristensen von der Universität Glasgow in Schottland haben nun alle relevanten Studiendaten zum kardiovaskulären Wirkprofil von GLP-1-Rezeptoragonisten in eine Metaanalyse einfließen lassen. Dabei konnten sie auf sieben randomisierte klinische Studien mit insgesamt 56.004 beteiligten Patienten zurückgreifen. Die berücksichtigten Studien waren ELIXA (Lixisenatid), LEADER (Liraglutid), SUSTAIN-6 (Semaglutid), EXSCEL (Exenatide), Harmony Outcomes (Albiglutide), REWIND (Dulaglutide) und PIONEER 6 (orales Semaglutid).
Insgesamt wurde das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (major adverse cardiovascular events, MACE) durch GLP-1-Rezeptoragonisten relativ um 12% im Vergleich zu Placebo reduziert (Hazard Ratio [HR] 0,88, 95% Konfidenzintervall [CI] 0,82–0,94; p<0,0001). Für den absoluten Nutzen heißt das: 75 Patienten mussten über eine mediane Follow-up-Dauer von 3,2 Jahren behandelt werden, um ein MACE-Ereignis zu verhindern (Numer Needed to Treat, NNT: 75)
Gesamtmortalität wurde signifikant um 12% reduziert
Wesentlichen Anteil an dieser Wirkung hatte die signifikante relative Reduktion von tödlichen und nicht tödlichen Schlaganfällen um 16% (HR 0,84, 95% CI 0,76–0,93; p<0,0001). Die kardiovaskuläre Mortalität wurde relativ um 12% (HR 0,88, (95% CI 0,81–0,96; p=0,003) und die Inzidenz von tödlichen und nicht tödlichen Myokardinfarkten relativ um 9% (HR 0.91, 95% CI 0,84–1,00; p=0,043) reduziert. Mit Blick auf die Gesamtsterblichkeit ergab sich eine relative Reduktion um 12% (HR 0,88, 95% CI 0,83–0,95; p=0,001).
Auch das Risiko für einen kombinierten renalen Endpunkt (neu aufgetretene Makroalbuminurie, GFR-Abfall/Kreatinin-Anstieg, Entwicklung einer terminalen Niereninsuffizienz, renal verursachter Tod) wurde relativ um 17% verringert (0·83, 0·78–0·89; p<0·0001), vor allem bedingt durch eine Abnahme der Albuminurie.
Wirkung in der Primärprävention „nicht besonders überzeugend“
Die Rate an Klinikeinweisungen wegen Herzinsuffizienz verringerte sich unter der Behandlung mit GLP-1-Rezeptoragonisten relativ um 9% (HR 0,91, 95% CI 0,83–0,99; p=0,028). Dieses Ergebnis sei „unerwartet“ und „zum ersten Mal gezeigt worden“, bemerkt Professor Eberhard Standl aus München in einem Begleitkommentar zur Publikation der Metaanalyse im Fachblatt „Lancet Diabetes & Endocrinology“. Es stehe im Gegensatz zu zuvor geäußerten Bedenken wegen möglicher Herzinsuffizienz-Probleme im Zusammenhang mit GLP-1-Rezeptoragonisten.
Die Autoren um Kristensen hatten in einer Subgruppenanalyse eine konsistente Wirkung dieser Antidiabetika sowohl bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen (Sekundärprävention) als auch ohne entsprechende Erkrankungen (Primärprävention) konstatiert. Standl bewertet die derzeitige Evidenz für eine primärpräventive Wirksamkeit von GLP-1-Rezeptoragonisten angesichts einer ermittelten bescheidenen und nicht signifikanten relativen Risikoreduktion um 5% (HR 0.95, 95% CI 0,83-1,08) jedoch als „nicht besonders überzeugend“. Hier brauche es weitere Studien, um Klarheit zu schaffen.