Statine: Kein Schutzengel bei Herzoperationen
Eine perioperative Kurzzeittherapie mit einem hochdosierten Statin ist definitiv keine Option, die im Falle einer Herzoperation vor postoperativen Komplikationen schützt. Dies ist jetzt durch eine große Studie klargestellt worden. Kleinere Studien hatten zuvor - offenbar zu Unrecht - eine protektive Wirkung suggeriert.
Nach herzchirurgischen Eingriffen wie koronare Bypass-Operation sind Komplikationen wie Vorhofflimmern keine Seltenheit. Postoperatives Vorhofflimmern erhöht nicht nur die Behandlungskosten, sondern verdoppelt auch das Risiko für Schlaganfall und Tod.
Da entzündliche Prozesse an der Pathogenese dieser Komplikationen beteiligt sind, wurden unter anderem Statine – sie besitzen auch antientzündliche Wirkeigenschaften - als Option für die Prävention solcher Ereignisse in Betracht gezogen.
Heterogene Studiendaten
Kleinere Studien mit zum Teil spektakulären Ergebnissen schienen für die Tauglichkeit der Statin-Behandlung zur postoperativen Prävention zu sprechen. Andere Studien wiederum konnten dies nicht bestätigen.
Autoren einer Metaanalyse von 14 Studien mit rund 1300 Patienten kamen unter dem Strich zu einer positiven Bilanz. Danach reduzierte eine perioperative Prophylaxe mit Statinen die Rate postoperativer Komplikationen um 50 Prozent. In den Leitlinien wurden Statine daraufhin als in Betracht zu ziehende Option zur Verhinderung von Vorhofflimmern empfohlen (Klasse-IIa-Empfehlung).
Zeit für eine glaubhafte Studie
Allerdings war nicht zu übersehen, dass viele dieser Studien in methodischer Hinsicht Schwachpunkte aufwiesen. Klar war, dass nur eine große prospektive randomisierte Studie die unbefriedigende Datenlage verbessert konnte.
Eine solche Studie mit dem Akronym STICS (Statin Therapy in Cardiac Surgery) ist von einer internationalen Forschergruppe um Professor Barbara Casadei aus Oxford vor einiger Zeit auf den Weg gebracht worden. Ihre jetzt von Casadei bei ESC-Kongress präsentierten Ergebnisse sprechen klar gegen den Nutzen einer intensiven perioperativen Statintherapie.
Mehr Teilnehmer als alle bisherigen Studien zusammen
In die placebokontrollierte Studie sind 1922 Patienten mit einer geplanten Herzoperation aufgenommen worden. STICS hat damit weitaus mehr Teilnehmer als alle bisherigen Studien zusammengenommen.
Bei den auf zwei Studienarme randomisierten Patienten ist acht Tage vor der Operation eine Therapie mit Rosuvastatin (20 mg/Tag) oder Placebo eingeleitet und bis zum fünften postoperativen Tag fortgeführt worden.
Erhoffte Wirkung blieb aus
Die erhoffte Wirkung stellte sich nicht ein: Mit 21 Prozent (Rosuvastatin) und 20 Prozent (Placebo) war die Rate für postoperativ aufgetretenes Vorhofflimmern (primärer Endpunkt) in beiden Gruppen nahezu gleich. Auch boten die gemessenen Spiegel der kardialen Biomarkers Troponin I keine Anhaltspunkte dafür, dass Rosuvastatin vor einer Schädigung des Myokards bei der Operation schützt.
Für Casadei ist angesichts dieser Ergebnissen das Kapitel der Statintherapie zur Verhinderung postoperativer Komplikationen ein für alle Mal beendet. Die wohlwollende Berücksichtigung dieser Therapie in den Leitlinien müsse nun revidiert werden.
Literatur
Jahrestagung European Society of Cardiology (ESC) vom 30.8.-3.9.2014 in Barcelona, Hot Line-Sitzung: Coronary Artery Disease and Atrial Fibrillation, 2. September 2014; Abstract Nr. 4943: Casadei B et al. Perioperative statin treatment in cardiac surgery for the prevention of atrial fibrillation and perioperative myocardial damage: the Statin Therapy In Cardiac Surgery (STICS) Trial.