5 wichtige Fragen zu NOAKs
Die Einführung der neuen direkten oralen Antikoagulanzien (NOAKs) hat die orale Antikoagulation wesentlich einfacher und sicherer gemacht. Doch bei einigen Patientengruppen ist ihr Einsatz unzureichend geprüft, was im praktischen Alltag zu Unsicherheiten führt.
Besonders in fünf Situationen ist zum Einsatz der NOAKs laut Dr. Petra Weßling von der kardiologischen Abteilung des Krankenhauses Köln-Porz noch zu wenig bekannt, nämlich :
- Kryptogener Schlaganfall
- Nachgewiesener intrakardialer Thrombus
- Erkrankungen mit einer gesteigerten Gerinnungsaktivität
- Schwere Niereninsuffizienz
- Adipositas per magna
1. Keine Evidenz bei ESUS
25% aller ischämischen Schlaganfälle bleiben trotz intensiver diagnostischer Bemühungen ungeklärt. Man spricht von einem kryptogenen Insult oder von ESUS ("Embolic Stroke of Unknown Source"). Solche Patienten haben ein hohes Reinsult-Risiko von 3 bis 6% pro Jahr.
Doch die Frage, mit welcher Strategie das Rezidiv am effektivsten verhindert werden kann, ist bisher unbeantwortet. In der NAVIGATE ESUS-Studie wurde bei 7.000 Patienten mit ESUS 100 mg ASS mit 1 × 15 mg Rivaroxaban verglichen. Beim primären Endpunkt (Schlaganfall jeglichen Typs oder systemische Embolie) gab es nach 36 Monaten kein Unterschied (Rivaroxaban: 5,1% vs. ASS: 4,8%). Auch beim isolierten Endpunkt Rezidiv des ischämischen Insults unterschieden sich die beiden Substanzen nicht.
Allerdings traten unter Rivaroxaban traten signifikant häufiger Blutungen und auch hämorrhagische Insulte auf. Fazit: Für die Gabe eines NOAKs bei ESUS gibt es keine Evidenz.
2. Gleich effektiv bei intrakardialen Thromben
In den Kardioversionsstudien konnte gezeigt werden, dass NOAKs bei einer solchen Intervention gleich effektiv und sicher sind wie die bisherige Vorgehensweise mit Heparin/VKA. „Dies gilt auch für Patienten, bei denen ein intrakardialer Thrombus mittels transösophageale Echokardiografie nachgewiesen wird“, so Weßling. So konnte in der X-TRA-Studie mit Rivaroxaban und in der EMANATE-Studie mit Apixaban der Thrombus in ca. 60% de Fälle aufgelöst werden. Dies entspricht genau der Erfolgsrate von Heparin/VKA. Fazit: Bei intrakardialen Thromben sind NOAKs ebenso wirksam wie Heparin/VKA.
3. Auch bei Malignom-assoziierten VTE sicher und wirksam
Zu den Erkrankungen mit einer gesteigerten Gerinnungsaktivität gehören das Malignom und die Thrombophilie. Man schätzt, dass in Abhängigkeit von der Lokalisation des Tumors bis zu 20% eine venöse Thromboembolie (VTE) entwickeln und ca. 20% der VTE-Patienten leiden an einem Malignom. Bisher gilt bei dieser Indikation die Gabe von niedermolekularem Heparin (NMH) über mindestens sechs Monate als Standard.
Doch sowohl für Edoxaban (Hokusai Cancer VTE-Studie) als auch für Rivaroxaban (SELECT-D-Studie) liegen erste Studienergebnisse vor, die zeigen, dass auch bei dieser Indikation ein NOAK eine zumindest im Vergleich zu dem NMH gleich gute Effektivität zeigt.
Und die Daten der RE-MEDY®-Studie sprechen dafür, dass die Wirksamkeit von Dabigatran unabhängig vom Vorliegen einer Thrombophilie gegeben ist. Fazit: Auch Malignom-assoziierte VTE und Patienten mit Thrombophilie können mit einem NOAK behandelt werden.
4. Vorsicht bei schwerer Niereninsuffizienz
Patient mit schwerer chronischer Niereninsuffizienz sind im Hinblick auf das Blutungsrisiko unter einer oralen Antikoagulation eine besondere Risikogruppe. Bei ca. 2% der Patienten mit Vorhofflimmern liegt die GFR < 30 ml/min. Dabigatran ist ab einer GFR von 30 ml/min, die anderen NOAKs (Edoxaban, Apixaban, Rivaroxaban) ab einer GFR von 15 ml/min streng kontraindiziert, wobei letztere schon ab einer GFR von 30 ml/min eine Dosisreduktion erfordern.
Ist ein Vitamin K-Antagonist (VKA) eine sinnvolle Alternative für solche Patienten? „Ein VKA einzusetzen ist nicht sinnvoll, da VKAs die Nierenverkalkung fördern und somit den Verlauf der Nierenfunktion nachteilig beeinflussen“, argumentierte Weßling. Retrospektive Datenbankanalysen sprechen dafür, dass bei Gabe eines NOAKs der Verlust an Nierenfunktion deutlich geringer ist. In der ARISTOTLE-Studie wurde mit Apixaban im Vergleich zu Warfarin bei Patienten mit einer GFR von > 30 – 50 ml/min das Risiko für eine schwere Blutung fast halbiert. Fazit: Bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Niereninsuffizienz spricht manches für die vorsichtige Gabe eines NOAKs.
5. Plasmaspiegel bei Adipositas per magna
Ein wesentlicher Vorteil der NOAKs ist, dass die Wirksamkeit bei einer fixen Dosierung unabhängig vom Körpergewicht garantiert ist. Doch gilt das auch für die Adipositas per magna? „Dazu gibt es kaum Daten und diese sind auch widersprüchlich“, so Weßling. Fazit: Bei einem BMI > 40 kg/m2 oder > 120 kg sollten NOAKs nur mit Vorsicht eingesetzt werden und wenn, dann müssen die Plasmaspiegel bestimmt werden.
Literatur
12. Update-Symposium: Aktuelle Entwicklungen in der modernen Elektrophysiologie und Rhythmologie, 26.9.2018 in Köln