Postoperatives Vorhofflimmern ist anscheinend weniger bedrohlich
Vorhofflimmern, das nach koronaren Bypass-Operationen erstmals auftritt, ist als Risikofaktor für Schlaganfälle einer neuen Studie zufolge wohl weniger bedeutsam als Vorhofflimmern ohne Bezug zu Operationen. Nach Ansicht der Studienautoren hat das Implikationen für die Therapie.
Postoperatives Vorhofflimmern war in einer Studie dänischer Untersucher mit einer signifikant um 33% niedrigeren Rate an ischämischen Schlaganfällen, TIAs und peripheren Thromboembolien assoziiert als Vorhofflimmern bei nicht operierten Patienten. Die Studienautoren ziehen daraus den Schluss, dass wohl nicht alle Patienten mit diesem besonderen Vorhofflimmern-Typ einer längerfristigen oralen Antikoagulation zum Schutz von Schlaganfällen und systemischen Thromboembolien bedürfen.
Daten aus dänischen Registern
Die Gruppe um Dr. Jawad Butt von der Universitätsklinik in Kopenhagen hat für ihre retrospektive Analyse Daten aus landesweiten Registern in Dänemark herangezogen. In diesen Registern wurden zunächst 7524 Patienten ohne Vorhofflimmern identifiziert, die zwischen den Jahren 2000 und 2015 einer isolierten koronaren Bypass-Operation unterzogen worden waren. Davon hatten 2324 (30,9%) nach der Operation erstmals Vorhofflimmern entwickelt.
Im Verhältnis 1:4 wurden 2108 Patienten mit postoperativem Vorhofflimmern dann 8.432 „gematchte“ Personen mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern ohne Bezug zu chirurgischen Eingriffen gegenübergestellt, die im Hinblick auf demografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, CHA2DS2-VASc-Risikoscore und Jahr der Vorhofflimmern-Diagnose mit der zu untersuchenden Gruppe übereinstimmten.
Das anhand des CHA2DS2-VASc-Scores ermittelte Schlaganfall-Risiko (mittlerer Score: 3,1) war in beiden Gruppen gleich. Während aber nur bei 8,4% aller Patienten mit postoperativem Vorhofflimmern in den ersten 30 Tagen nach der Bypass-Operation eine orale Antikoagulation eingeleitet worden war, betrug der Anteil der mit Antikoagulanzien behandelten Patienten in der Gruppe mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern immerhin 42,9%.
Ereignisraten signifikant unterschiedlich
In den ersten Jahren nach der Operation war die kombinierte Rate für die Ereignisse Schlaganfall, TIA und Thromboembolien in peripheren Gefäßen in der Gruppe mit postoperativem Vorhofflimmern signifikant niedriger als in der Vergleichsgruppe mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (18,3 vs. 29,7 Ereignisse pro 1.000 Personenjahre; adjustierte Hazard Ratio 0,67; p < 0,001). Auch im Hinblick auf Gesamtmortalität und Wiedereinweisungen aufgrund von Vorhofflimmern war das Risiko für Patienten mit postoperativem Vorhofflimmern jeweils niedriger.
Zwar zeigte sich, dass eine orale Antikoagulation in beiden Gruppen mit niedrigeren Ereignisraten assoziiert war. Bemerkenswert ist andererseits aber auch, dass das Risiko für Thromboembolien bei Patienten mit postoperativem Vorhofflimmern nicht signifikant höher war als bei bypassoperierten Patienten, die kein Vorhofflimmern entwickelt hatten.
Noch keine definitive Klärung
Das lässt darauf schließen, dass eine gerinnungshemmende Prophylaxe zwar bei einigen Patienten mit postoperativem Vorhofflimmern von Vorteil sein könnte, insgesamt aber bei dieser Gruppe von geringerem Nutzen ist als bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern. Um den Stellenwert der Antikoagulation bei postoperativem Vorhofflimmern definitiv klären zu können, bedarf es jedoch weiterer – idealerweise randomisierter – klinischer Studien. Das sehen auch die dänischen Studienautoren so.
Literatur
Butt JH, et al.: Long-term thromboembolic risk in patients with postoperative atrial fibrillation after coronary artery bypass graft surgery and patients with nonvalvular atrial fibrillation. JAMA Cardiol. 2018; online 28. März